20.05.2024 Arbeitsrecht

VwGH: § 35 ASchG – Benutzung von Arbeitsmitteln

Sollte das Vorbringen zum Anwendungsbereich des § 35 ASchG in Bezug auf „außerhalb der Arbeitsleistung stehende Tätigkeiten“ von Arbeitnehmern darauf abzielen, dass der Arbeitnehmer den ihm zugewiesenen Tätigkeitsbereich überschritten habe, indem er das Holzbrett festgehalten habe, während dieses - von einem anderen Arbeitnehmer - mit der Handkreissäge zugeschnitten wurde, obwohl ihm die Arbeit an „Maschinen und mit Geräten“ untersagt war, genügt es, darauf hinzuweisen, dass ein wirksames Kontrollsystem gerade auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat


Schlagworte: Arbeitnehmerschutz, Benutzung von Arbeitsmitteln, außerhalb der Arbeitsleistung stehende Tätigkeiten
Gesetze:

 

§ 33 ASchG, § 35 ASchG, § 130 ASchG, § 2 AM-VO

 

GZ Ra 2024/02/0018 [1], 22.02.2024

 

VwGH: Zur Frage der Benutzung von Arbeitsmitteln ist zunächst auf die im 3. Abschnitt („Arbeitsmittel“) enthaltene Bestimmung des § 33 ASchG („Allgemeine Bestimmungen über Arbeitsmittel“) zu verweisen, die in ihrem Abs 1 die „Benutzung“ von Arbeitsmitteln definiert. Demnach sind darunter „alle ein Arbeitsmittel betreffenden Tätigkeiten wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch, Transport, Instandsetzung, Umbau, Instandhaltung, Wartung und Reinigung“ zu verstehen.

 

Zudem hat der VwGH iZm § 130 Abs 1 Z 16 ASchG zum Begriff der „Benutzung“ von Arbeitsmitteln bereits ausgesprochen, dass das ASchG, wie auch die Arbeitsmittelverordnung (AM-VO), ua der Umsetzung der Richtlinie 89/655/EWG (nunmehr 2009/104/EG) über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (Zweite Einzelrichtlinie iSd Art 16 Abs 1 der Richtlinie 89/391/EWG) dient, und diesem schon vor dem Hintergrund der gebotenen unionskonformen Auslegung dasselbe Begriffsverständnis zugrunde liegt, wie es in § 2 Abs 2 AM-VO sowie in § 33 Abs 1 ASchG -  n Anlehnung an Art 2 lit b der Richtlinie 2009/104/EG - definiert wird. Ebenso wie nach der entsprechenden Richtlinienbestimmung ist diese Aufzählung zudem nicht abschließend, sondern demonstrativ.

 

Weshalb das VwG trotz dieses weiten Begriffsverständnisses im vorliegenden Fall, in dem mit dem Arbeitsmittel ein Brett zugeschnitten wurde, wobei eine Person das Arbeitsmittel bedient und eine andere das Brett gehalten hat, nicht von der „Benutzung“ eines Arbeitsmittels iSd § 35 Abs 1 Z 2 bzw des § 130 Abs 1 Z 16 ASchG hätte ausgehen dürfen, wird mit dem bloßen Verweis auf den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen angesichts des insoweit klaren Wortlauts des § 35 Abs 1 Z 2 ASchG nicht dargetan.

 

Sollte das Vorbringen zum Anwendungsbereich des § 35 ASchG in Bezug auf „außerhalb der Arbeitsleistung stehende Tätigkeiten“ von Arbeitnehmern darauf abzielen, dass der Arbeitnehmer den ihm zugewiesenen Tätigkeitsbereich überschritten habe, indem er das Holzbrett festgehalten habe, während dieses - von einem anderen Arbeitnehmer - mit der Handkreissäge zugeschnitten wurde, obwohl ihm die Arbeit an „Maschinen und mit Geräten“ untersagt war, genügt es, darauf hinzuweisen, dass ein wirksames Kontrollsystem gerade auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat.