31.05.2007 Zivilrecht

OGH: Auch in der Versicherung für fremde Rechnung kann der Versicherungsnehmer einem Kreditgeber seinen Anspruch gegen den Versicherer verpfänden, zur Sicherung abtreten oder - in der Lebens- und Unfallversicherung - seinen Gläubiger auch als Begünstigten (Bezugsberechtigten) einsetzen


Schlagworte: Versicherungsrecht, Unfallversicherung für fremde Rechnung, Verfügungsberechtigter
Gesetze:

§ 179 Abs 2 VersVG, § 176 Abs 2 VersVG

In seinem Beschluss vom 28.03.2007 zur GZ 7 Ob 53/07f hat sich der OGH mit der Unfallversicherung für fremde Rechnung befasst:

Der Vater schloss zwei Unfallversicherungsverträge ab, wobei er jeweils Versicherungsnehmer und "Hauptversicherter" ist, während seine Ehefrau und "jedes Kind bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres" mitversichert sind. Das Bezugsrecht ist in beiden Versicherungsverträgen in der Weise geregelt, dass alle Versicherungsleistungen an die jeweils betroffene versicherte Person auszuzahlen sind. Nachdem der mj Sohn des Versicherungsnehmers durch einen Unfall ein Auge verlor, wurden.die betreffenden Versicherungsleistungen vom Versicherer unter Hinweis auf die zum Unfallszeitpunkt bestandene Verpfändung der Ansprüche durch den Versicherungsnehmer an die R***** (Kreditgeberin) überwiesen.

Dazu der OGH: Gerade die Unfallversicherung kann auch als Versicherung für fremde Rechnung genommen werden (§ 179 Abs 2 VersVG). Eine solche liegt immer dann vor, wenn ein Versicherungsnehmer im eigenen Namen mit einem Versicherer einen Vertrag schließt, der fremdes Interesse zum Gegenstand hat. Es liegt dann jeweils ein einziges Versicherungsverhältnis vor, aus dem mehrere Personen begünstigt werden, wobei der einzelne Versicherte im Versicherungsvertrag nicht namentlich genannt sein muss. Die Unfallversicherung für fremde Rechnung unterliegt den allgemeinen Vorschriften nach §§ 75 bis 79 VersVG. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer Vertragspartner des Versicherers ist. Der Vertrag kommt auch ohne Einwilligung des Versicherten zustande; dieser muss davon nicht einmal Kenntnis haben. Deshalb kann nur der Versicherungsnehmer die Erklärungen abgeben, die sich auf den Versicherungsvertrag beziehen; so kann zum Beispiel nur er den Vertrag kündigen oder anfechten. Die Pflichten aus dem Vertrag treffen nur den Versicherungsnehmer; er allein schuldet die Prämie. Die Rechte aus dem Vertrag werden vom Gesetz zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten verteilt. Zwar stehen dem Versicherten nach der Generalklausel des § 75 Abs 1 VersVG alle Rechte aus dem Vertrag - mit Ausnahme des Rechtes auf Aushändigung des Versicherungsscheines - zu; die Verfügung über diese Rechte steht jedoch grundsätzlich nicht dem Versicherten, sondern dem Versicherungsnehmer zu. Die Versicherung für fremde Rechnung entspricht damit eher dem Modell eines unechten Vertrages zu Gunsten Dritter. Diese Spaltung der Rechtsposition zwischen materieller Rechtsträgerschaft und formeller Verfügungsberechtigung dient vor allem dem Schutz des Versicherers: Für ihn soll klargestellt sein, dass er sich in allen Angelegenheiten des Versicherungsfalles nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht mit dem - ihm vielleicht namentlich gar nicht bekannten - Versicherten auseinandersetzen muss. Diese Grundsätze gelten auch für einen durch eine von einem Elternteil abgeschlossene Unfallversicherung für fremde Rechnung nach § 176 Abs 2 VersVG (mit-)versicherten Minderjährigen; für diesen als "Gefahrperson" bestehen entgegen der Ansicht des Revisionsrekurses bei einer Versicherung für fremde Rechnung keine Besonderheiten. Der Versicherungsnehmer ist also bei einer Versicherung für fremde Rechnung gegenüber dem Versicherer im eigenen Namen allein verfügungsberechtigt; für die vom Versicherungsnehmer vorgenommene Verpfändung oder Änderung des Bezugsrechtes zu Gunsten der Pfandgläubigerin ist daher eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung iSd § 154 Abs 3 ABGB nicht erforderlich. Als Verfügung im Sinne des § 76 Abs 1 VersVG ist jeder Rechtsakt anzusehen, durch den unmittelbar oder mittelbar auf den Bestand oder die Ausgestaltung der Forderung eingewirkt wird.