OGH: Die Abgabe einer Zustimmungserklärung im Bauverfahren stellt ein aktives Tun dar, welches nicht Hauptleistungspflicht einer Dienstbarkeit sein kann
§§ 472 ff ABGB
In seinem Beschluss vom 08.05.2007 zur GZ 5 Ob 16/07z hat sich der OGH mit der Dienstbarkeit befasst:
Die Antragsteller begehren jeweils die wechselseitige Einverleibung der "Dienstbarkeit der Bauabstandsnachsicht" ("Angelika Maria D*****-T*****, als Eigentümerin des GST 564/21, und Mag. Peter H*****, als Eigentümer des GST 564/18, erteilen einander, im Fall einer Sanierung oder eines Umbaus bzw Abbruchs und anschließenden Neubaus, für den in ihrem jeweiligen Eigentum befindlichen Hausanteil, die gegenseitige Bauabstandsnachsicht bis auf 0 Meter") entlang der gemeinsamen Grenze zwischen GST-NR 564/18 und GST-NR 564/21.
Das Erstgericht wies den auf Einverleibung der "Dienstbarkeit der Bauabstandsnachsicht" gerichteten Teil des Grundbuchsgesuchs ab. Die Verpflichtung zur Abgabe einer baurechtlichen Zustimmungserklärung könne weder Gegenstand einer Reallast sein noch als Dienstbarkeit einverleibt werden. Die Einräumung einer Bauabstandsnachsicht bedürfe neben der Zustimmung des Nachbarn auch jener der Baubehörde und sei ohne diese sinnlos.
Dazu der OGH: Nach § 472 ABGB wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden (bejahende Servituten) oder zu unterlassen (verneinende Servituten). Der Eigentümer der belasteten Sache ist also verpflichtet, etwas zu unterlassen, was er an sich zu tun befugt wäre, oder etwas zu dulden, was er sonst untersagen dürfte. Im Unterschied zur Reallast ist die Dienstbarkeit idR nicht mit der Verpflichtung des Eigentümers zu einem aktiven Tun verbunden. Die Pflicht zu positiven Leistungen darf nur Mittel zum Zweck, aber nicht Hauptinhalt sein.
Die von Liegenschaftsnachbarn vertraglich übernommene Verpflichtung zur wechselseitigen "Erteilung einer Bauabstandsnachsicht" stellt sich inhaltlich als der Baubehörde zu vermittelnde Zustimmung zur bescheidmäßigen Erteilung einer Abstandsnachsicht dar. Die Abgabe einer Zustimmungserklärung im Bauverfahren stellt aber ein aktives Tun dar, welches nicht Hauptleistungspflicht einer Dienstbarkeit sein kann.