22.10.2007 Zivilrecht

OGH: Bei dem im Wege einer Versteigerung über eine Internet-Plattform zustande gekommenen Kaufvertrag ist das aleatorische Moment derart unbedeutend, dass es den für Glücksverträge normierten Ausschluss der Geltendmachung einer Verkürzung über die Hälfte nicht rechtfertigen kann


Schlagworte: Laesio enormis, Online-Versteigerung, Glücksverträge
Gesetze:

§ 934 ABGB, § 935 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 07.08.2007 zur GZ 4 Ob 135/07t hat sich der OGH mit Internet-Versteigerungen befasst:

OGH: Willenserklärungen können auch online wirksam abgegeben werden. Indem der Einlieferer die Angebotsseite für die Versteigerung einrichtet und die Auktion startet, macht er ein verbindliches Verkaufsangebot, das sich an den richtet, der innerhalb der Laufzeit der Auktion das höchste Gebot abgibt. Dieses Angebot nimmt daher derjenige an, der innerhalb der Laufzeit der Auktion das Höchstgebot machte.

Zwischen Einlieferer und erfolgreichem Bieter kommt ein Kaufvertrag zustande. Aufgrund der in Österreich geltenden Formfreiheit kann ein solcher Auktionskaufvertrag auch über das Internet im Zuge einer Online-Auktion geschlossen werden. Die wesentlichen Vertragspunkte ergeben sich aus dem höchsten Gebot und der Artikelbeschreibung.

Der Anfechtungsausschluss des § 935 letzter Fall ABGB ("wenn die Sache von dem Gerichte versteigert worden ist") betrifft nur die gerichtliche Zwangsversteigerung, nicht hingegen freiwillige Feilbietungen.

Bei dem im Wege einer Versteigerung über eine Internet-Plattform zustande gekommenen Kaufvertrag ist das aleatorische Moment derart unbedeutend, dass es den für Glücksverträge normierten Ausschluss der Geltendmachung einer Verkürzung über die Hälfte nicht rechtfertigen kann.

Ob der erfolgreiche Bieter die ihm eingeräumte Besichtigungsmöglichkeit des angebotenen Gegenstands vor Abgabe seines Höchstgebots wahrgenommen hat oder nicht, spielt im Rahmen der laesio enormis, die nicht auf subjektiven Elementen aufbaut, sondern auf dem Gedanken eines bestimmten objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung beruht, keine Rolle.

Weist die Internet-Versteigerung einen Auslandsbezug auf, stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht. Verkauft der Seitenanbieter keine eigenen Sachen, sondern stellt er - wie hier - nur eine Plattform für Dritte zur Verfügung, kommt es nicht auf die Niederlassung des Seitenanbieters (vgl § 20 ECG) an, sondern der Kaufvertrag zwischen Einlieferer und Ersteigerer ist mangels Rechtswahl primär nach dem UN-Kaufrecht, sonst nach dem EVÜ zu beurteilen.