03.07.2008 Zivilrecht

OGH: Zur Frage der Wirksamkeit der Vereinbarung eines Verzichts auf die Geltendmachung von Scheidungsgründen

Die Möglichkeit, dass eine Ehe durch eine entsprechende Vereinbarung der Ehegatten unscheidbar gemacht wird, widerspricht dem Regelungskonzept des EheG


Schlagworte: Eherecht, Scheidung, Scheidungsgründe, Verschuldensantrag, Verzicht
Gesetze:

§ 55 EheG, § 61 Abs 3 EheG

GZ 4 Ob 31/08z, 11.03.2008

Nachdem die Ehegatten bereits seit mehr als 11 Jahren getrennt gelebt hatten, reichte der Kläger nunmehr Klage auf Scheidung der Ehe gemäß § 49 EheG ein, trotzdem seinerzeit vereinbart wurde, eine allfällige Scheidung im Einvernehmen durchzuführen und auf gegenseitige Schuldzuweisungen zu verzichten. Die beklagte Ehefrau beantragte ihrerseits den Ausspruch des Verschuldens nach § 61 Abs 3 EheG. Der folgende Scheidungsausspruch nach § 55 EheG durch das Erstgericht blieb von beiden Seiten unbekämpft. Die Parteien fordern jedoch jeder für sich, dass ausgesprochen werde, dass den jeweils anderen das überwiegende Verschulden an der Ehescheidung treffe.

OGH: Ein wirksamer Verzicht auf die Geltendmachung von Scheidungsgründen kann nur hinsichtlich solcher vereinbart werden, die bereits verwirklicht wurden. Auf künftige Scheidungsgründe kann hingegen nicht verzichtet werden. Trotz eines solchen Verzichts auf die Geltendmachung eines Scheidungsgrundes kann dieser jedoch im Falle einer Klage nach § 55 EheG für einen Verschuldensantrag herangezogen werden. Die Regelung des § 56 EheG einerseits und jene des § 61 Abs 3 EheG andererseits verfolgen jeweils unterschiedliche Zwecke, woraus abzuleiten ist, dass § 56 EheG auf Verschuldensanträge nach § 61 Abs 3 EheG nicht anwendbar ist. Auf den Verschuldensausspruch nach § 61 Abs 3 EheG kann daher nicht verzichtet werden. Eine Vereinbarung, wonach auch die Scheidung gemäß § 55 EheG unmöglich gemacht wird, widerspricht dem Regelungszweck des Ehegesetzes und ist daher nicht wirksam. Dem Ehegatten muss die Möglichkeit offen bleiben, sich durch einen Verschuldensantrag absichern zu können und zwar auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht.