04.09.2008 Zivilrecht

OGH: Trauerschmerzengeld eines getöteten nahen Verwandten

Die Frage, ob ein mehrtägiger Aufenthalt des Unfallopfers auf der Intensivstation bis zu dessen Tod einen Einfluss auf die Höhe des Trauerschmerzengelds hat, ist im Einzelfall danach zu lösen, ob diese Situation zu einer Erhöhung des Seelenschmerzes geführt hat


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Trauerschmerzengeld, nahe Verwandte
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

GZ 2 Ob 55/08i, 26.06.2008

Am 15. Oktober 2005 wurde die damals 19-jährige Elke H***** bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt; sie starb zehn Tage nach dem Unfall an den beim Unfall erlittenen Verletzungen im Spital. Die Beklagten bezahlten jedem Kläger (Eltern, die um ein Jahr ältere Schwester, sowie der um ein Jahr jüngere Bruder) aus diesem Unfall vor Klagseinbringung ein Trauerschmerzengeld von 15.000 EUR. Mit ihren Klagen begehren die Kläger ein weiteres Trauerschmerzengeld von je 5.000 EUR mit der Begründung, angesichts der vor dem Tod von Elke H***** bestanden habenden intensiven Gefühlsbeziehung der Kläger mit der Verstorbenen sei ein Trauerschmerzengeld von je 20.000 EUR angemessen.

OGH: Nach der Rechtsprechung des OGH ist für die Bemessung der Anspruchshöhe von Trauerschmerzengeld auf die Intensität der familiären Bindung abzustellen. Die weiteren in der Rechtsprechung des OGH (beispielsweise) genannten Kriterien wie das Alter von Unfallopfer und Angehörigen oder das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft sind dabei bloß Hilfstatsachen, also Indizien, aus denen in der Regel auf die im Einzelfall nur schwer beweisbare Intensität der Gefühlsgemeinschaft geschlossen werden kann. Dabei ist das Trauerschmerzengeld zu bemessen, und nicht (etwa nach der Anzahl der gemeinsam verbrachten Jahre oder nach dem Alter von Opfer und Angehörigen) zu berechnen. Diese Bemessung kann unter Zuhilfenahme der genannten Indizien jeweils nur im Einzelfall vorgenommen werden; sie entzieht sich einer generalisierenden Betrachtungsweise.

Geschwistern eines Getöteten kann bei entsprechender Intensität der Gefühlsbeziehung auch dann ein Trauerschmerzengeldanspruch zustehen, wenn keine Haushaltsgemeinschaft zwischen ihnen bestanden hat. Umso eher wird ein solcher Trauerschmerzengeldanspruch bestehen, wenn es zwischen Geschwistern eine Haushaltsgemeinschaft gegeben hat. Auch die Frage, inwiefern die zur Bewältigung der Trauer förderliche Anwesenheit anderer Angehöriger einen Einfluss auf die Höhe des Trauerschmerzengelds hat, kann nur im Einzelfall entschieden werden.

Schließlich ist auch die Frage, ob ein mehrtägiger Aufenthalt des Unfallopfers auf der Intensivstation bis zu dessen Tod einen Einfluss auf die Höhe des Trauerschmerzengelds hat, im Einzelfall danach zu lösen, ob diese Situation zu einer Erhöhung des Seelenschmerzes geführt hat. Entgegen der Meinung der Revisionswerber ist der (im vorliegenden Fall sehr hohe) Verschuldensgrad des Schädigers für die Bemessung der Höhe des Trauerschmerzengelds nicht ausschlaggebend. Das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Schädigers ist vielmehr iSd nunmehr stRsp des OGH überhaupt erst Voraussetzung für die Zuerkennung eines Trauerschmerzengelds an nahe Angehörige, wenn der Seelenschmerz - wie hier - zu keiner eigenen Gesundheitsschädigung iSd § 1325 ABGB geführt hat.

Hinsichtlich des Trauerschmerzengeldes der Eltern hat der Senat in einem vergleichbaren Fall (Trauerschmerzengeldanspruch der Eltern eines bis zum Unfall haushaltszugehörigen, getöteten Kindes) ausgesprochen, ein Trauerschmerzengeld von 20.000 EUR je Elternteil sei nicht überhöht.