OGH: Reicht die Äußerung von Selbstmordabsichten zur Begründung einer Gefahrverschollenheit nach § 7 TEG aus?
Für die Anwendbarkeit des § 7 TEG bedarf es neben der wiederholten Äußerung von Selbstmordabsichten weiterer konkreter Tatumstände, die in ihrem Gesamtzusammenhang die Selbsttötung des Verschollenen als wahrscheinlich nahe legen
§ 7 TEG
GZ 2 Ob 81/08p, 26.06.2008
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, es sei zwar mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Alois M***** Selbstmord begangen habe. Dennoch bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Lebensgefahr oder eine lebensgefährliche Situation iSd § 7 TEG.
OGH: Nach § 7 TEG kann der Verschollene für tot erklärt werden, wenn dieser in eine bestimmte Lebensgefahr gekommen und seitdem verschollen ist und wenn seit dem Zeitpunkt, in dem die Lebensgefahr beendigt ist oder ihr Ende nach den Umständen erwartet werden konnte, ein Jahr verstrichen ist. In der Rechtsprechung wird unter Lebensgefahr ein Zusammentreffen von Umständen verstanden, durch die das Leben eines Menschen ernstlich bedroht ist. Der Eintritt des Todes muss sich nach subjektiven und objektiven Gesichtspunkten als wahrscheinlich darstellen. Die Beurteilung, ob sich der Verschollene in Lebensgefahr befand, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. Danach kann Lebensgefahr auch dann zu bejahen sein, wenn die Bedrohung des Lebens auf eigenen krankhaften Zuständen des Verschollenen beruhte. Nicht notwendig ist, dass die Gefahr durch einen Unfall herbeigeführt worden ist. Der Tatbestand des § 7 TEG kann auch dann erfüllt sein, wenn sich jemand freiwillig in die Gefahr begeben hat. Für die Anwendbarkeit des § 7 TEG bedarf es neben der wiederholten Äußerung von Selbstmordabsichten weiterer konkreter Tatumstände, die in ihrem Gesamtzusammenhang die Selbsttötung des Verschollenen als wahrscheinlich nahe legen. Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass die mehrfach geäußerte Lebensmüdigkeit des psychisch kranken Verschollenen iZm den Umständen seines Verschwindens und seinen am Flussufer aufgefundenen sowie den zu Hause zurückgelassenen persönlichen Gegenständen die Vermutung eines Selbstmords nahe legt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Verschollene ohne Verständigung seiner Angehörigen von zu Hause entfernt hat, um irgendwo ein "neues Leben" zu beginnen, ist dagegen vergleichsweise gering. Indem sich der lebensmüde Verschollene (laut Rekursvorbringen des Antragstellers ein "absoluter Nichtschwimmer") unter Zurücklassung persönlicher Dokumente und Wertgegenstände in der Absicht, aus dem Leben zu scheiden, an das Ufer der Ill begab, wurde der Tatbestand der Lebensgefahr iSd § 7 TEG erfüllt. Die einjährige Verschollenheitsfrist setzte mit Ablauf jenes Tages ein, an dem nach den Umständen mit der Rückkehr des Verschollenen zu rechnen war, also an dem auf dessen Abgängigkeit folgenden Tag.