16.04.2009 Zivilrecht

OGH: § 16 Abs 2 Z 2 WEG - Änderung am Wohnungseigentumsobjekt unter Anspruchnahme allgemeiner Teile

Selbst wenn eine Änderung nicht der Übung des Verkehrs entspricht, kann sie durch das wichtige Interesse eines Wohnungseigentümers legitimiert sein; dabei hat eine Abwägung der Interessen des Änderungswilligen gegenüber den Interessen der nicht zustimmenden Miteigentümer nicht stattzufinden


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Änderung des Wohnungseigentumsobjekts, Anspruchnahme allgemeiner Teile
Gesetze:

§ 16 WEG

GZ 5 Ob 279/08b, 27.01.2009

OGH: Schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer verpflichtet den änderungswilligen Wohnungseigentümer, die Zustimmung der anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Das erforderliche wichtige Interesse muss über das selbstverständliche Interesse jedes Eigentümers an einer Wohnungsvergrößerung oder Wertsteigerung seines Objekts hinausgehen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen genügen für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht. Die Zusammenlegung von Wohnungen wurde in der Rechtsprechung abgelehnt, wenn unterschiedliche Wohnungseigentümer vorhanden waren, die zusammenzulegenden Objekte in verschiedenen Häusern mit verschiedenen Eigentümern lagen oder die zusammenzulegenden Objekte teils im Wohnungseigentum, teils im schlichten Miteigentum standen.

Die Antragsteller begehrten die allein fehlende Zustimmung der Erstantragsgegnerin zur Durchführung einer Baumaßnahme, mit der die im Wohnungseigentum der Antragsteller stehenden Wohnungen Top Nr. 5 und 6 durch eine gemeinsame, vorversetzte Wohnungseingangstür verbunden werden sollen, welche vom Außerstreitrichter ersetzt wurde.

Die Arbeiten müssen so durchgeführt werden, dass eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands möglich ist. Darüber hinaus wurden bestimmte Auflagen zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Gestaltung des Stiegenhauses erteilt. Weiters sind die Antragsteller berechtigt, den in Anspruch genommenen (1,5 m2 großen) Gangteil ausschließlich zu benützen und anstelle eines monatlichen Benützungsentgelts dafür einen Pauschalbetrag iHv Euro 4.000 in Anbetracht der Geringfügigkeit der Nutzungszuwendung eines allgemeinen Teils der Liegenschaft und des zu erwartenden verwaltungstechnischen Aufwands zu bezahlen. Obwohl die angestrebte Maßnahme nicht der Übung des Verkehrs entspricht, haben die Antragsteller ein wichtiges familiär bedingtes Interesse an der Schaffung einer einzigen Wohnungseingangstür. Dabei steht nicht die Steigerung der Lebensqualität oder der Wert der Wohnungen im Vordergrund, sondern das nachvollziehbare Interesse einer vierköpfigen Familie mit minderjährigen Kindern, nicht zwei getrennte Wohnungen, sondern eine einheitliche Wohneinheit zu bewohnen. Darüber hinaus bewirkt die Beseitigung einer Gangnische in der Größe von 1,5 m2 keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer. Insgesamt wurde nur eine geringe Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft angestrebt, die keine Eigentumsverschiebung zum Gegenstand hat. Weiters ist die Inanspruchnahme auch nicht auf Dauer konzipiert, weil die Antragsteller keine Vergrößerung ihres Wohnungseigentumsobjekts um die 1,5 m2 Gangfläche anstrebten, sondern dafür nur eine Benützungsregelung, also das Recht einen bestimmten Gangteil allein zu benützen, begehrten.