OGH: § 5 Abs 1 PHG - Fehlerhaftigkeit eines Produktes und Gebrauch des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann
Für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten hat der Hersteller nicht einzustehen; selbst unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit hat der Hersteller mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht bloß um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen nahe liegenden Abusus handelt
§ 5 Abs 1 PHG
GZ 9 Ob 60/09b, 30.06.2010
OGH: Wie der OGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist der Begriff des Fehlers im PHG von zentraler Bedeutung, weil jede Ersatzpflicht nach diesem Gesetz ein fehlerhaftes Produkt voraussetzt. Das Kernstück des PHG bildet daher die Fehlerdefinition des § 5 PHG, die sich nahezu wörtlich an Art 6 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. 7. 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte anlehnt. Schutzauslösendes Moment ist das sowohl den Körper- als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend hiefür sind die berechtigten Sicherheitserwartungen, ein objektiver Maßstab, dessen Konkretisierung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen ist. Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden darf, ist (jedenfalls auch) eine Rechtsfrage.
Bei der Frage, ob ein Gebrauch des Produkts iSd § 5 Abs 1 Z 2 PHG vorliegt, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, ist zu prüfen, ob das geübte Verbraucherverhalten für den Hersteller vorhersehbar war. Für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten hat der Hersteller nämlich nicht einzustehen. Selbst unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit hat der Hersteller mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht bloß um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen nahe liegenden Abusus handelt.