25.11.2010 Zivilrecht

OGH: Zuordnung des Fehlverhaltens einer im Rahmen eines Kranbeistellungsvertrags überlassenen Arbeitskraft - zur Frage, ob der Dienstverschaffungspflichtige nach § 1313a ABGB für die überlassene Arbeitskraft haftet bzw ob der "Beschäftigerin" das Verhalten der Arbeitskraft auch in Ansehung des an der gemieteten Arbeitsmaschine eingetretenen Sachschadens zuzurechnen ist?

Der Dienstverschaffungspflichtige übernimmt keine Haftung für den vom überlassenen Dienstnehmer im Betrieb des Beschäftigers zugefügten Schaden; er haftet lediglich für die durchschnittliche berufliche oder fachliche Qualifikation und die Arbeitsbereitschaft des überlassenen Arbeitnehmers; hingegen haftet der Beschäftiger für ein Verschulden des ihm überlassenen Arbeitnehmers, dessen er sich zur Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung bedient, schon nach allgemeinen Grundsätzen gem § 1313a ABGB; Anderes kann gelten, wenn sich der Dienstverschaffungspflichtige über eine reine Überlassung einer geeigneten Arbeitskraft hinaus entsprechend vertraglich verpflichtete


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Sachmiete, Dienstverschaffungsvertrag, Erfüllungsgehilfe, vertragliche Verpflichtung, Weisung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1090 ABGB, § 1151 ABGB

GZ 3 Ob 145/10k, 13.10.2010

OGH: Die Zurverfügungstellung einer Arbeitsmaschine samt Überlassung einer Arbeitskraft gegen Entgelt ist nach in Österreich hA in der Regel Sachmiete verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag, wenn es dem Mieter überlassen ist, wie er die Arbeitsmaschine zusammen mit der Arbeitskraft verwendet.

Maßgeblich für die Abgrenzung zum Werkvertrag ist, dass der Bestandvertrag den Gebrauch einer Sache vermitteln soll. Es kommt darauf an, ob der Erfolg von dem bewirkt werden soll, für dessen Zwecke die Sache verwendet wird oder von dem Eigentümer. Das Mietverhältnis setzt begrifflich eine Sache voraus, die in die tatsächliche Gewalt des Mieters gelangt. Werden fremde Sachen, also zB technische Hilfsmittel, zur Herbeiführung eines Arbeitserfolgs benützt, also zB zum Transport einer Sache von einem Ort zu einem anderen, dann ist maßgeblich, ob diese technischen Hilfsmittel im Einzelfall dem Kunden für bestimmte Zeit gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen oder aber vom Unternehmer selbst zur eigenverantwortlichen Herbeiführung des vom Besteller gewünschten Arbeitserfolgs verwendet werden.

Auch in der deutschen LuRsp wird die Auffassung vertreten, dass ein Kranvertrag, der ausschließlich die Überlassung von Bedienungspersonal und Kran ohne weitere Nebenleistungen zum Inhalt hat, als Mietvertrag, verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag, zu qualifizieren ist. Nur wenn der Kranbetreiber darüber hinaus Aufgaben und Nebenleistungen übernimmt, die weitgehend Einfluss auf die Geschehensabläufe vor Ort haben, insbesondere wenn er die Leitungsmacht über die Vorgänge auf der Baustelle behält oder sonst für ein Gelingen des Hebemanövers einstehen will, ist Werkvertragsrecht anzuwenden.

Ausschlaggebend ist somit, wer nach dem Inhalt des geschlossenen Vertrags die entscheidenden Weisungen geben sollte. Den Vertragsinhalt können die Parteien frei gestalten. Nur dann, wenn keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen wurden, bedarf es einer sorgfältigen Würdigung aller feststellbaren Umstände, um durch Auslegung zu ermitteln, welche Absichten die Parteien mit der Überlassung des Krans und der Bestellung eines Kranführers verfolgten und wie sie sich die rechtliche Abwicklung des Vertragsverhältnisses gedacht haben.

Im Anlassfall wies die klagende Partei bereits in ihrem Anbot, das Grundlage der Auftragserteilung durch die beklagte Partei war, deutlich darauf hin, dass sie nur den Kran und den Fahrer beistellt, das Anschlagen der Last jedoch in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko durch den Auftraggeber vorgenommen wird.

Davon, dass die klagende Partei zur eigenverantwortlichen Planung und Herbeiführung des von der beklagten Partei gewünschten Erfolgs verpflichtet war, kann somit hier nicht ausgegangen werden. Das schließt aber die Annahme eines Werkvertrags aus.

Da die klagende Partei nicht für die Planung des Hubs zu sorgen hatte, fällt das evidente Planungsverschulden (fehlende Lastwertberechnung), das zu einer massiven Überlastung des gemieteten Raupenkrans führte, im Verhältnis zwischen den Streitteilen in die Sphäre der beklagten Partei.

Es bedarf einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als gemischtes Rechtsgeschäft, bestehend aus Miet- und Dienstverschaffungsvertrag, zwingend zur Beurteilung zu führen hat, dass der beklagten Partei als "Beschäftigerin" das Verhalten des Kranführers auch in Ansehung des am gemieteten Raupenkran eingetretenen Sachschadens zuzurechnen ist:

Vorauszuschicken ist, dass die Deaktivierung der Lastmomentbegrenzung durch den - in der Folge getöteten - Kranführer ein Fehlverhalten darstellte.

Der Dienstverschaffungsvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass der Dienstgeber (Überlasser) einem Dritten (Beschäftiger) den Dienstnehmer unter Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses zur Arbeitsleistung überlässt. Vertragsgegenstand ist die Bereitstellung des Arbeitnehmers zum Zweck der Arbeitsleistung.

Das Vermieten einer Arbeitsmaschine samt Zurverfügungstellung eines Bedienungsmannes stellt auch nach dem AÜG, das die Überlassung von Arbeitskräften regelt, keine Ausnahme vom Geltungsbereich des Gesetzes dar.

Der Dienstverschaffungspflichtige übernimmt keine Haftung für den vom überlassenen Dienstnehmer im Betrieb des Beschäftigers zugefügten Schaden. Er haftet lediglich für die durchschnittliche berufliche oder fachliche Qualifikation und die Arbeitsbereitschaft des überlassenen Arbeitnehmers.

Die beklagte Partei zieht nicht in Zweifel, dass das Berufungsgericht zutreffend eine "habituelle" Untüchtigkeit des Kranführers verneinte.

Hingegen haftet der Beschäftiger für ein Verschulden des ihm überlassenen Arbeitnehmers, dessen er sich zur Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung bedient, schon nach allgemeinen Grundsätzen gem § 1313a ABGB.

Der vorliegende Fall ist allerdings durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Sachschaden, dessen Ersatz die klagende Partei in diesem Verfahren begehrt, an dem von der klagenden Partei vermieteten Kran aufgetreten ist.

Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass ein dem Entlehner vom Verleiher eines Baggers gegen Entgelt zur Verfügung gestellter Fahrer im Betrieb des Entlehners zum Einsatz kommt, sodass sich der Entlehner für seine gegenüber dem Verleiher des Baggers zu erbringende Leistung (vertragsgemäßer Gebrauch als Voraussetzung für die beschädigungsfreie Rückstellung des entliehenen Baggers) des Fahrers als Erfüllungsgehilfe bedient.

Überträgt man diesen Grundsatz auf den vorliegenden Fall, wäre der Kranführer als Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei zu qualifizieren, die sich seiner (auch) bediente, um ihrer aus § 1109 ABGB abzuleitenden Verpflichtung aus dem Mietvertrag nachzukommen, den Raupenkran nach Vertragsende in jenem Zustand (unter Berücksichtigung gewöhnlicher Abnutzung) zurückzustellen, in dem er übernommen wurde.

Eine andere Beurteilung lässt sich auch nicht mit der Feststellung begründen, dass die klagende Partei ihre Kranführer anweist, "nichts heben zu dürfen, was zu schwer ist" bzw dem Kranführer mitteilte, "nur das zu machen, was erlaubt ist": Diese - an sich selbstverständlichen - internen Anweisungen an den eigenen Arbeitnehmer rechtfertigen nicht die Annahme, dass im Verhältnis zwischen Überlasser (klagende Partei) und Beschäftiger ersterem vereinbarungsgemäß das Weisungsrecht bezüglich der Beladung belassen werden sollte.

Denkbar wäre allerdings noch die Auslegung, dass die klagende Partei, die zwar weder für die Planung des Hubs noch für das Anschlagen der Last oder die Durchführung des Hebemanövers verantwortlich war, vertraglich verpflichtet wurde, der beklagten Partei die betriebssichere Bedienung des Raupenkrans (durch ihren Kranführer) - und insoweit nicht nur die Überlassung einer geeigneten Arbeitskraft - zu verschaffen.

Das könnte deshalb Konsequenzen haben, weil die Deaktivierung der Lastmomentbegrenzung - die eine grundlegende Vorschrift zur betriebssicheren Bedienung darstellt - als Bedienungsfehler zu werten ist. Im Umfang der rein handwerklichen Griffe zur Benützung des Krans wäre dann der Kranführer Erfüllungsgehilfe der klagenden Partei.

Maßgeblich dafür, ob eine solche Verpflichtung der klagenden Partei anzunehmen ist, ist nicht die Interessenlage der Beteiligten, sondern die tatsächliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses. Die Motive der Parteien (Interesse des Kranbestellers, seine wertvolle Maschine durch eigene Arbeitnehmer bedienen zu lassen; Interesse des Auftraggebers, der möglicherweise selbst über keinen geschulten Kranführer auf der Baustelle verfügt, an der gefahrlosen Bedienung) können somit lediglich ein Indiz für den Parteiwillen sein, der bei Auslegung der Vereinbarung eine Rolle spielt.

Im Anlassfall bestehen auch unter diesem Gesichtspunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass die klagende Partei eine entsprechende Verpflichtung übernahm. So beauftragte die beklagte Partei die klagende Partei gleichzeitig mit dem Auftrag über den Raupenkran mit der Stellung zweier weiterer Kräne ohne Bedienungsmann. Es steht nicht fest, dass die betriebssichere Bedienung zwischen den Streitteilen thematisiert wurde und/oder die klagende Partei einen Vorbehalt dahin gemacht hätte, dass nur ihr Kranführer den Kran bedienen darf. Auch der Inhalt der schriftlichen Vereinbarung deutet darauf, dass die klagende Partei nur einen brauchbaren Raupenkran und einen objektiv geeigneten Kranführer zu stellen hatte.

Gem § 1111 Satz 2 ABGB muss der Bestandgeber den Ersatz aus der Haftung des Bestandnehmers für Schäden am Miet- oder Pachtstück binnen einem Jahr nach Zurückstellung des Bestandstücks gerichtlich fordern, sonst ist das Recht erloschen. Es entspricht stRsp, dass es sich bei der Frist des § 1111 ABGB um eine Präklusivfrist handelt. Der Fristablauf ist daher auch ohne entsprechenden Einwand von Amts wegen wahrzunehmen.