30.12.2010 Zivilrecht

OGH: Pflichtteilsminderung - zur grundlosen Ablehnung der Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten iSd § 773a Abs 3 ABGB

Nach § 773a ABGB ist die gesamte Beziehung zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten bis zum Tod des Erblassers zu berücksichtigen; eine "grundlose Ablehnung" liegt immer dann vor, wenn keine von der Rechtsordnung gebilligten Gründe für die Ablehnung des persönlichen Verkehrs vorlagen


Schlagworte: Erbrecht, Pflichtteilsminderung, grundlose Ablehnung der Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten
Gesetze:

§ 773a Abs 3 ABGB

GZ 6 Ob 136/10h, 01.09.2010

OGH: Nach der durch das KindRÄG 2001 eingeführten Bestimmung des § 773a Abs 3 ABGB steht das Recht auf Pflichtteilsminderung nicht zu, wenn der Erblasser die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt hat. Nach der ursprünglichen ebenso wie nach der derzeitigen Fassung des § 773a ABGB ist die gesamte Beziehung zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten bis zum Tod des Erblassers zu berücksichtigen.

Eine "grundlose Ablehnung" liegt immer dann vor, wenn keine von der Rechtsordnung gebilligten Gründe für die Ablehnung des persönlichen Verkehrs vorlagen. Das mögliche, zudem feststellungsfremde Verhalten dritter Personen kann jedenfalls die Verweigerung des persönlichen Kontakts mit dem Pflichtteilsberechtigten in aller Regel nicht rechtfertigen. Gleiches gilt für die Anregung der Einleitung eines Sachwalterverfahrens gegen den Erblasser durch die Mutter des Klägers.

Der Kindesvater hat über einen Zeitraum von 14 Jahren trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme seitens des Klägers den Kontakt zu diesem verweigert, obwohl seine Vaterschaft bereits 1986 festgestellt worden war. Das Gefühl, von der Mutter des Klägers "hereingelegt" worden zu sein, reicht für die Ablehnung des persönlichen Verkehrs mit dem Kind gleichfalls nicht aus, würde das Recht des Kindes auf persönlichen Kontakt zu seinem Vater doch dann vom Verhalten der Kindesmutter und der subjektiven Einschätzung seines Vaters abhängen. Nicht überzeugend ist auch die Argumentation, die Vaterschaft sei nur als "wahrscheinlich" festgestellt worden, sieht doch das Gesetz ausdrücklich die (entsprechend hohe) Wahrscheinlichkeit als ausreichend für die Vaterschaftsfeststellung an. Käme es auf vollständige - wie auch immer zu verstehende - subjektive Gewissheit an, würde § 773a Abs 3 ABGB weitestgehend leer laufen.