13.01.2011 Zivilrecht

OGH: Vertragshaftung iZm EKHG (hier: unterlassenes Abklemmen der Batterie am Unfall-Kfz durch Abschleppunternehmen und anschließendem Brand aufgrund Kurzschlusses der Autobatterie)

Das Abbrennen eines Pkw aufgrund eines unfallbedingten Kurzschlusses steht in einem adäquat ursächlichen Zusammenhang mit einer (beschädigten) Betriebseinrichtung des Fahrzeugs; jedenfalls dann, wenn die besondere Gefährlichkeit einer Sache nach der Wertung des Gesetzes ein haftungsbegründendes Element ist, erfordert es schon die Gleichbehandlung von Schädiger und Geschädigtem, dass diese Gefährlichkeit die Haftung des Schädigers vermindert, wenn sie sich beim Geschädigten verwirklicht


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Vertragshaftung, EKHG, Mitverschulden, Halter, außergewöhnliche Betriebsgefahr, unfallbedingter Kurzschluss der Autobatterie, Pannendienst, unterlassenes Abklemmen der Autobatterie
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1 EKHG, § 9 Abs 2 EKHG

GZ 4 Ob 146/10i, 09.11.2010

Der zum Unfallfahrzeug gerufene Pannenfahrer des beklagen Autofahrer-Clubs hat es unterlassen, das Abklemmen der Fahrzeugbatterie zu veranlassen. Das von ihm in weiterer Folge zur K GmbH gebrachte Kfz geriet dort in derselben Nacht - aufgrund eines unfallbedingten Kurzschlusses - in Brand, wobei das Feuer auch einen dahinter geparkten Lkw dieser GmbH erfasste und die Fassade eines einer anderen Person gehörenden Gebäudes beschädigte.

OGH: Der Halter haftet für Unfälle "beim Betrieb" eines Kfz. Dieser Begriff ist dahin zu bestimmen, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz bestehen muss. Notwendig ist ein zeitlicher, örtlicher und innerer Zusammenhang mit der einem Kfz eigentümlichen Betriebsgefahr. Der Unfall muss also mit einem jener Umstände zusammenhängen, die die Gefährlichkeit der Eisenbahn oder des Kfz ausmachen und derentwegen die verschuldensunabhängige Haftung festgesetzt ist. Die Betriebsgefahr verwirklicht sich etwa dann, wenn eine Person beim Versuch, einen durch überhitzte Bremsen in Brand geratenen Reifen zu löschen, durch dessen Explosion verletzt wird.

Das Abbrennen eines Pkw aufgrund eines unfallbedingten Kurzschlusses steht ebenso wie die Explosion eines aufgrund überhitzter Bremsen entzündeten Reifens in einem adäquat ursächlichen Zusammenhang mit einer (beschädigten) Betriebseinrichtung des Fahrzeugs. Anders als bei einer Brandstiftung durch Dritte verwirklicht sich dabei die typische Betriebsgefahr des Kfz. Es besteht daher kein Zweifel, dass die geschädigten Dritten einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch gegen den Halter des Pkw hatten.

Bei Verkehrsunfällen kann die dem Geschädigten zur Last fallende Betriebsgefahr auch bei einer Verschuldenshaftung des Schädigers zu einer Anspruchskürzung führen. Gleiches muss auch bei der hier zu beurteilenden Vertragshaftung gelten. Denn der bloße Umstand, dass der Beklagte in diesem Fall eine Vertragspflicht verletzt hat, ändert nichts am Gewicht der jeweiligen Zurechnungselemente. Jedenfalls dann, wenn die besondere Gefährlichkeit einer Sache nach der Wertung des Gesetzes ein haftungsbegründendes Element ist, erfordert es schon die Gleichbehandlung von Schädiger und Geschädigtem, dass diese Gefährlichkeit die Haftung des Schädigers vermindert, wenn sie sich beim Geschädigten verwirklicht. Auf die Frage, ob es wegen des Grundsatzes "casus sentit dominus" sogar zu einer unterschiedlichen Gewichtung der Zurechnungselemente zu Lasten des Geschädigten kommen könnte ("Differenzierungsthese"), kommt es daher nicht an.

Im vorliegenden Fall hat sich in der Sphäre des Halters eine außergewöhnliche Betriebsgefahr verwirklicht. Eine solche Gefahr ist bei einer besonderen Gefahrensituation anzunehmen, die nicht bereits regelmäßig und notwendig mit dem Betrieb verbunden ist, sondern durch das Hinzutreten besonderer, nicht schon im normalen Bereich liegender Umstände vergrößert wurde. Das traf hier wegen der unfallbedingten Gefahr eines Brandes zweifellos zu. Dieser Gefahr steht das nach § 1313a ABGB dem Beklagten zuzurechnende Verschulden des Abschleppfahrers gegenüber. Dessen Sorglosigkeit ist durchaus gravierend, erreicht aber noch nicht den Grad der groben Fahrlässigkeit. Damit ist eine Schadensteilung von 2 zu 1 zu Lasten des Beklagten angebracht. Aus diesem Grund hat der Halter - und damit auch die Klägerin (Versicherer)- jedenfalls ein Drittel des Schadens selbst zu tragen.