10.03.2011 Zivilrecht

OGH: Zur Nachlassseparation gem § 812 ABGB

Der Erbe kann eine aus dem Nachlass stammende Liegenschaft nicht veräußern, auch wenn er durch die Einantwortung Eigentum erworben hat, solange die Nachlassabsonderung nicht aufgehoben ist; auch der auf den Todesfall beschenkte Erbe kann, solange die Separation nicht aufgehoben wurde, nicht mehr selbständig über die Liegenschaft verfügen und zwar unabhängig davon, ob er bereits Eigentum erworben hat


Schlagworte: Erbrecht, Nachlassseparation, Separationskurator, Verwaltungsrecht des Erben, Schenkung auf den Todesfall, Grundbuch, Anmerkung, Rangordnungsbeschluss, einstweilige Verfügung
Gesetze:

§ 812 ABGB, § 810 ABGB, § 956 ABGB, § 20 GBG, § 53 GBG, § 382 Abs 1 Z 6 EO

GZ 2 Ob 148/10v, 27.01.2011

OGH: Durch die Absonderung der Verlassenschaft vom Vermögen des Erben gem § 812 ABGB soll eine rechtliche und faktische Vermögenstrennung zwischen dem Erben und der Verlassenschaft erreicht werden. Es kommt zu einem getrennt verwalteten Sondervermögen, das ausschließlich zur Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verwenden ist. Zweck der Nachlassseparation ist nicht nur die Abwehr von Gefahren, die dem Gläubiger durch Vermengung der Nachlassaktiven mit solchen des Erben drohen, die Trennung soll vielmehr allen denkbaren Gefahren vorbeugen, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergeben.

Die Separation muss immer die gesamte Verlassenschaft betreffen, einzelne Bestandteile können nicht separiert werden. Zu Gunsten des Noterben kann sie auch Liegenschaften umfassen, die dem Erben nicht vererbt, sondern auf den Todesfall geschenkt wurden.

Durch die Bewilligung hört in materieller Hinsicht das ex lege bestehende Verwaltungsrecht des Erben nach § 810 ABGB grundsätzlich auf, soweit die Befugnisse des Separationskurators reichen. So ist er in jenen Verfahren prozessführungsbefugt, die innerhalb des Bereichs jener Gefahr liegen, zu deren Abwehr er bestellt wurde, also insoweit es zB darum geht, eine Vermengung des Nachlassvermögens mit jenem des Erben zu verhindern. Hingegen ist es nicht seine Aufgabe, die Verlassenschaft in sonstigen Rechtsstreiten und Exekutionen zu vertreten, die außerhalb des Bereichs der Gefahr liegen, zu deren Abwehr ein Absonderungskurator bestellt werden kann. Insoweit ist weiterhin der Erbe zur Vertretung des Nachlasses berechtigt.

In formeller Hinsicht kann die Nachlassabsonderung und die Bestellung des Kurators nach § 812 ABGB im Grundbuch angemerkt werden. Die praktische Bedeutung dieser Anmerkung besteht va darin, dass sie der Grundbuchsrichter zu beachten hat. Er darf eine Einverleibung wegen des Verdachts des Vorliegens eines ungültigen Titels nicht bewilligen.

Die Separation endet nicht mit der - durch sie auch nicht gehinderten - Einantwortung sondern besteht auch nach der Einantwortung solange fort, bis ihr Zweck erreicht ist, also entweder feststeht, dass die Absonderungsforderung nicht bestanden hat oder durch Zahlung oder auf andere Weise untergegangen ist oder eine ausreichende Sicherstellung des Absonderungsgläubigers vorgenommen wurde. Demnach kann der Erbe eine aus dem Nachlass stammende Liegenschaft nicht veräußern, auch wenn er durch die Einantwortung Eigentum erworben hat, solange die Nachlassabsonderung nicht aufgehoben ist. Soll während der Fortdauer der Separation eine Veräußerung der zum Sondervermögen, das auch nach der Einantwortung vom sonstigen Vermögen des Erben getrennt bleibt, gehörenden Liegenschaft stattfinden, muss für eine dem Wert des der Sondermasse entzogenen Vermögensbestandteils entsprechende Sicherheit vorgesorgt sein.

Erstreckt sich aber die Nachlassseparation auch auf dem Erben auf den Todesfall geschenktes Vermögen, muss die Verfügungsbeschränkung auch für die auf den Todesfall geschenkten Gegenstände gelten.

Der auf den Todesfall beschenkte Erbe kann daher, solange die Separation nicht aufgehoben wurde, nicht mehr selbständig über die Liegenschaft verfügen und zwar unabhängig davon, ob er bereits Eigentum erworben hat. Des von den Vorinstanzen verhängten bücherlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots bedarf es somit nach Anmerkung der Separation im Grundbuch nicht.

Zum Rangordnungsbeschluss:Vorauszuschicken ist, dass der Rangordnungsbeschluss nicht in Händen des Erben ist, sondern sich in gerichtlicher Verwahrung befindet.

Eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung kann der Eigentümer einer Liegenschaft - hier also die Verlassenschaft - verlangen (§ 53 GBG). Der Rangordnungsbeschluss steht daher grundsätzlich dem derzeitigen Eigentümer, also der Verlassenschaft zu. Da hier aber die Gefahr, zu deren Abwehr der Separationskurator bestellt wurde, betroffen ist, ist dieser (selbst nach Einantwortung) Vertreter des abgesonderten Nachlasses und daher ihm und nicht dem aufgrund seiner früheren Vertretungsbefugnis antragstellenden Erben der Rangordnungsbeschluss auszufolgen.

Die vom Separationskurator in seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung dargelegte Gefahr besteht daher im vorliegenden Fall auch in Bezug auf den Rangordnungsbeschluss nicht.