26.05.2010 Arbeitsrecht

VwGH: Vorläufige / endgültige Suspendierung gem § 112 BDG

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Beamtendienstrecht, vorläufige / endgültige Suspendierung
Gesetze:

§ 112 BDG

GZ 2010/09/0055, 25.03.2010

VwGH: Nach der Rsp des VwGH ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern.

Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, dh in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt.

Auf Grund dieser Funktion der Suspendierung und ihres Zusammenhanges mit dem Disziplinarverfahren ist etwa eine Suspendierung unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Auch reichen nach der Rsp des VwGH bloße Gerüchte und vage Vermutungen für eine Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung von ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein.

Gem § 112 Abs 1 BDG hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu verfügen, es bleibt aber jedenfalls der Disziplinarkommission (bzw Disziplinaroberkommission) vorbehalten, eine endgültige, dh iSd § 112 Abs 5 BDG bis zum Wegfall der Suspendierungsgründe bzw zur rechtskräftigen Entscheidung im Disziplinarverfahren wirkende Suspendierung, auszusprechen. Wurde keine vorläufige Suspendierung durch die Dienstbehörde ausgesprochen, so ist die Disziplinarkommission (bzw die Disziplinaroberkommission) zum Ausspruch der (endgültigen) Suspendierung gem § 112 Abs 3 BDG zuständig, sobald das Disziplinarverfahren bei ihr anhängig gemacht wurde. Dabei wird die Anhängigkeit des Verfahrens vor der Disziplinarkommission mit dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei dieser Behörde begründet; es ist dies der erste Zeitpunkt, ab welchen die Disziplinarkommission mit der Disziplinarsache befasst wird. Die von der Dienstbehörde im Bescheid auszusprechende "vorläufige Suspendierung" ist nicht gleichzusetzen mit der von der Disziplinarkommission zu verfügenden ("endgültigen") Dienstenthebung. Sie stellt rechtlich ein "aliud" dar.