VwGH: Welche Sachlage ist in einem Feststellungsverfahren gem § 30 Abs 2 Z 15 MRG maßgeblich?
Im Feststellungsverfahren nach § 30 Abs 2 Z 15 MRG ist der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bestehende Sachverhalt entscheidend
§ 30 Abs 2 Z 15 MRG, § 1 Abs 2 StadterneuerungsG
GZ 2009/06/0024, 17.11.2009
Die Bf meinen, dass entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, sondern die Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung, zumindest aber im Zeitpunkt 6 Monate nach Antragstellung maßgeblich sein müsse. Dies ergebe sich daraus, dass die erstinstanzliche Behörde ihrer Entscheidungspflicht binnen 6 Monaten nicht nachgekommen sei.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung und 6 Monate danach seien alle Voraussetzungen gem § 1 Abs 2 StadterneuerungsG vorgelegen. Den Bf sei es nicht zuzumuten gewesen, den Umbau des Gebäudes bis zur erstinstanzlichen Entscheidung hintanzustellen. Sie seien gezwungen gewesen, das Bauvorhaben durchzuführen. Dadurch habe sich der maßgebliche Sachverhalt geändert.
VwGH: Grundsätzlich hat die Behörde nach jener Sach- und Rechtslage zu entscheiden, die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde vorliegt, es sei denn, es geht um zeitbezogene Angelegenheiten (wie die Steuerpflicht, die Versicherungspflicht) oder um auf die Vergangenheit gerichtete Feststellungen oder der Gesetzgeber sieht ausdrücklich etwas anderes vor. Die gem § 30 Abs 2 Z 15 MRG vorgesehene Feststellung bezieht sich nach ihrem Wortlaut nicht auf einen vergangenen Zeitraum, der Gesetzgeber hat iZm dieser Bestimmung aber auch keine besondere Regelung betreffend die maßgebliche Sach- und Rechtslage getroffen. Die belangte Behörde hatte daher im Beschwerdefall das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden und ihrer Entscheidung den im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bestehenden Sachverhalt zu Grunde zu legen. Die belangte Behörde hat daher zutreffend vertreten, dass im Fall des behaupteten Tatbestandes der Assanierungszwecke die Sachverhaltsvoraussetzungen einer Assanierung, wie sie § 1 Abs 2 StadterneuerungsG enthält, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorliegen müssen. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass gem § 30 Abs 2 Z 15 MRG zu prüfen ist, ob der geplante Neubau (Umbau) ua zu Assanierungszwecken erfolgen soll. Weiters spricht diese Bestimmung vom ganzen Mietshaus oder einem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, das bzw der abgetragen oder umgebaut werden soll.
Im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde wurde das Kriterium des § 1 Abs 2 Z 4 StadterneuerungsG, dass mehr als die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ist, in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude unbestritten nicht erfüllt. Der Antrag wurde daher mangels Vorliegens des Tatbestandes der Assanierung für das vorliegende Gebäude zu Recht abgewiesen. Eine andere Betrachtungsweise ist auch dann nicht geboten, wenn sich zufolge Säumnis der Behörde die Sach- und Rechtslage - im vorliegenden Fall durch das eigene Handeln der Bf - zu Ungunsten des Antragstellers ändert.