17.07.2008 Fremdenrecht

VwGH: Schubhaft - Kein Sicherungsbedarf bei Wegfall der Mittellosigkeit?

Für die Bejahung eines Sicherungsbedarfs kommen im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG insbesondere auch das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann


Schlagworte: Fremdenpolizeirecht, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Wegfall der Mittellosigkeit
Gesetze:

§ 76 FPG

GZ 2007/21/0162, 28.05.2008

Die belangte Behörde gab der Schubhaftbeschwerde insoweit statt, als sie gem § 83 Abs 4 erster Satz FPG feststellte, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht mehr vorlägen. Begründend führte sie aus, die Mitbeteiligte (eine aus dem Kosovo stammende serbische Staatsangehörige), die die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides selbst nicht in Zweifel gezogen habe, habe nunmehr eine rechtsgültige Verpflichtungserklärung des M. vorgelegt und glaubhaft gemacht, dass dieser bei der Firma X. aufrecht beschäftigt sei und dass er im Februar 2007 einen Nettoarbeitslohn von EUR 1.192,90 bezogen habe. Da die Mitbeteiligte, darauf gestützt, nunmehr nicht als mittellos anzusehen sei, bestehe keine Notwendigkeit, sie weiterhin in Schubhaft anzuhalten.

VwGH: Zunächst ist festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid den - im Ergebnis unterstellten - Wegfall eines Sicherungsbedarfs betreffend die Abschiebung der Mitbeteiligten nur mit dem angenommenen Wegfall der Mittellosigkeit begründet. Für die Bejahung eines Sicherungsbedarfs kommen im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG aber insbesondere auch das - im Beschwerdefall nach der Aktenlage vorliegende - Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann.

Zu diesen Themen hat die belangte Behörde, was die Amtsbeschwerde zu Recht rügt, weder Feststellungen getroffen, noch sich mit dem - auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmenden - Verhältnis der Mitbeteiligten zu M., der eine Verpflichtungserklärung zu ihren Gunsten abgegeben hat, auseinander gesetzt - und es ist auch die Tragfähigkeit dieser Verpflichtungserklärung ungeprüft geblieben, was - entgegen der Beschwerdeansicht - allerdings nicht am Maßstab des § 11 Abs 5 NAG zu erfolgen hat. Maßgeblich wäre vielmehr, ob durch die Zuwendungen von dritter Seite die aus der Mittellosigkeit (iVm den weiteren einen Sicherungsbedarf begründenden Umständen) resultierende Gefahr des "Untertauchens in die Illegalität" als nicht (mehr) gegeben anzusehen werden konnte.