29.10.2008 Fremdenrecht

VwGH: § 10 Abs 1 Z 7 StBG - Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes

Dem Erfordernis einer nachhaltigen Einkommenssicherung könnte bei einer Durchrechnung des Einkommens über einen Zeitraum von drei Jahren vor allem dann nicht Rechnung getragen werden, wenn sich die Einkommensverhältnisse so gestalten würden, dass der Beschwerdeführer zwar zu Beginn der Beobachtung weit über den maßgeblichen Richtsätzen nach dem ASVG läge, diese in der Folgezeit bis zur Entscheidung über sein Verleihungsgesuch aber unterschreitet, wodurch er zwar bei einer Durchschnittsbetrachtung die Richtsätze nach dem ASVG noch erreichte, aufgrund der Entwicklung seines Einkommens aber zu befürchten ist, dass er in Zukunft seine Lebensführung nicht mehr ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe meistern können wird


Schlagworte: Staatsbürgerschaftsrecht, Verleihungsvoraussetzung, hinreichend gesicherter Lebensunterhalt, Beurteilungszeitraum, Durchrechnung, Richtsätze nach dem ASVG
Gesetze:

§ 10 Abs 1 StBG, § 10 Abs 5 StBG, § 293 ASVG

GZ 2008/01/0494, 04.09.2008

Die Beschwerde wendet ein, es sei nicht rechtens, die Einhaltung des "Sozialhilferichtsatzes" jährlich zu berechnen. Vielmehr müsse für den gesamten Beurteilungszeitraum von drei Jahren das Gesamteinkommen zusammengerechnet werden und aus diesem Gesamteinkommen ein Monatsdurchschnitt errechnet werden, welcher der Beurteilung zu Grunde zu legen sei.

VwGH: Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang.

Der Bezug von Notstandshilfe und Arbeitslosengeld ist als Versicherungsleistung gem § 10 Abs 5 StbG zu berücksichtigen.

Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft.

§ 10 Abs 5 StbG stellt klar, es soll im Hinblick auf das Erfordernis des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts des Einbürgerungswerbers nicht nur auf sein Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abgestellt werden. Vielmehr erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben ist, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige eigene Einkünfte für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden.

Gem § 10 Abs 5 StbG müssen die festen und regelmäßigen Einkünfte des Verleihungswerbers zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen, die einer jährlichen Anpassung unterliegen (§ 293 Abs 2 ASVG).

Der Gesetzgeber hat mit der Anordnung eines dreijährigen Beobachtungszeitraumes das Erfordernis einer nachhaltigen Einkommenssicherung in entsprechender Höhe postuliert. Dem könnte bei einer Durchrechnung des Einkommens über einen Zeitraum von drei Jahren vor allem dann nicht Rechnung getragen werden, wenn sich die Einkommensverhältnisse so gestalten würden, dass der Beschwerdeführer zwar zu Beginn der Beobachtung weit über den maßgeblichen Richtsätzen nach dem ASVG läge, diese in der Folgezeit bis zur Entscheidung über sein Verleihungsgesuch aber unterschreitet, wodurch er zwar bei einer Durchschnittsbetrachtung die Richtsätze nach dem ASVG noch erreichte, aufgrund der Entwicklung seines Einkommens aber zu befürchten ist, dass er in Zukunft seine Lebensführung nicht mehr ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe meistern können wird. Auch der ausdrückliche Verweis des Gesetzes auf die Notwendigkeit von "festen und regelmäßigen" Einkünften in entsprechender Höhe spricht dagegen, den Durchrechnungszeitraum in einer Dauer zuzulassen, der es ermöglichen würde, dass der Beschwerdeführer durch einen kurzfristigen (aber sehr hohen) Verdienst (und gar keine oder sehr niedrige Einkünfte in der restlichen Zeit) innerhalb der letzten drei Jahre die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs 1 Z 7 iVm Abs 5 StbG erfüllen würde. Dem berechtigten Einwand, es müsse auch (etwa saisonbedingten) Einkommensschwankungen Rechnung getragen werden, kann nach Ansicht des VwGH dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, dass bei der Einkommensermittlung eine Durchrechnung über das Kalenderjahr stattfindet und das so errechnete monatliche Durchschnittseinkommen den für dieses Jahr maßgeblichen Richtsätzen nach § 293 ASVG gegenübergestellt wird.