05.01.2011 Sozialrecht

VwGH: Beitragsgrundlage gem § 25 GSVG - Berücksichtigung von vorgeschriebenen, aber (infolge Insolvenz) nicht bezahlten Beträgen zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung bei Einnahmen-Ausgabenrechner?

Hinsichtlich der gem § 25 Abs 2 Z 2 GSVG hinzuzurechnenden Beiträge kommt es nur darauf an, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben wurden; der Umstand, dass die in einem Jahr vorgeschriebenen und daher zu den steuerpflichtigen Einkünften hinzugerechneten Beiträge - aus welchen Gründen immer - von Versicherten trotz gesetzlicher Verpflichtung in der Folge überhaupt nicht entrichtet werden oder infolge einer Insolenz nicht entrichtet werden können, macht die Norm nicht verfassungswidrig


Schlagworte: Gewerbliches Sozialversicherungsrecht, Beitragsgrundlage, Berücksichtigung von vorgeschriebenen, aber (infolge Insolvenz) nicht bezahlten Beträgen zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung, Einnahmen-Ausgabenrechner, Betriebsausgaben
Gesetze:

§ 25 GSVG, § 4 Abs 3 EStG

GZ 2010/08/0032, 08.09.2010

Die Bf ermittelt ihren Gewinn als selbständige Einzelunternehmerin (Versicherungsvermittlung) durch Einnahmen-Ausgabenrechnung (Einnahmenüberschussrechnung gem § 4 Abs 3 EStG). Sie erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, dass bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für das Jahr 2006 nicht nur die tatsächlich geleisteten Versicherungsbeiträge dem steuerlichen Ergebnis hinzugerechnet worden sind, sondern alle vorgeschriebenen vorläufigen Sozialversicherungsbeiträge, obwohl diese aufgrund der Insolvenz der Gemeinschuldnerin nicht mehr geleistet worden seien.

VwGH: Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 23. Februar 2000, 99/08/0152, ausgesprochen, dass es hinsichtlich der gem § 25 Abs 2 Z 2 GSVG hinzuzurechnenden Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge nur darauf ankommt, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben wurden. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1998, 95/08/0303, dargelegt hat, diente die Neueinführung der Hinzurechnung der Beiträge zur Pflichtversicherung bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage durch die 19. GSVG-Novelle (BGBl Nr 336/1993) der Anpassung der Beitragsgrundlagenbildung nach dem GSVG an jene nach dem ASVG; ebenso wie nach den Bestimmungen des ASVG sollten auch im Anwendungsbereich des GSVG die Beiträge zur Pflichtversicherung, welche das zu versteuernde Einkommen verringern, nicht auch die Beitragsgrundlage für die Bemessung der Beiträge zur Sozialversicherung verringern. Dass dabei auf das Jahr der Beitragsvorschreibung abgestellt wird, wurde vom VwGH in diesem Erkenntnis zu § 25 Abs 2 Z 2 GSVG als nicht unsachlich beurteilt. Das allein praktikable Abstellen auf die Vorschreibungen führt zu keinen nicht sachgerechten Ergebnissen, weil sich die daraus ergebenden Inkongruenzen in der Regel - über einen längeren Zeitraum hinweg - ausgleichen.

Bei der Einnahmenüberschussrechnung werden die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung bzw Verausgabung erfasst. Maßgebend ist also das Zufließen der Betriebseinnahmen und das Abfließen der Betriebsausgaben. Demnach liegen Betriebsausgaben betreffend Sozialversicherungsbeiträge (und damit eine Verringerung des zu versteuernden Einkommens) nicht bereits dann vor, wenn diese Beiträge vorgeschrieben, sondern erst dann, wenn sie bezahlt werden. Es kommt daher hier - wie in der Beschwerde beschrieben - dann zu Inkongruenzen, wenn die vorgeschriebenen Beiträge nicht im Jahr der Vorschreibung bezahlt werden, insoweit, als die Einkünfte durch die (bloße) Vorschreibung der Beiträge (mangels "Abfließens" von Ausgaben) nicht verringert werden, dennoch aber die vorgeschriebenen Beiträge die Beitragsgrundlage erhöhen. Diese Inkongruenzen werden aber in der Regel über einen längeren Zeitraum ausgeglichen: Werden etwa die im Vorjahr vorgeschriebenen Beiträge im darauf folgenden Jahr bezahlt, so liegen in diesem Jahr - die steuerpflichtigen Einkünfte verringernde - Betriebsausgaben vor, wobei die Beitragsgrundlage aber nicht erneut um die bereits im Vorjahr vorgeschriebenen Beiträge erhöht wird.

Entgegen der Beschwerde ist nach § 25 Abs 2 Z 2 GSVG nicht entscheidend, ob die Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich im jeweiligen Kalenderjahr als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden oder - wegen unterbliebener Zahlung - geltend gemacht werden konnten. Der Umstand, dass die in einem Jahr vorgeschriebenen und daher zu den steuerpflichtigen Einkünften hinzugerechneten Beiträge - aus welchen Gründen immer - von Versicherten trotz gesetzlicher Verpflichtung in der Folge überhaupt nicht entrichtet werden oder infolge einer Insolenz nicht entrichtet werden können, macht die Norm nicht verfassungswidrig. Überdies stünde es Steuerpflichtigen frei, zur Vermeidung der Nachteile der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG stattdessen zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs 1 bzw 5 EStG überzugehen.