VwGH: Bescheidadressat im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen
Wird ein Gesamtschuldverhältnis iSd § 199 BAO in Bezug auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers geltend gemacht werden, kann nicht die Gemeinschaft als solche Bescheidadressat sein, sondern müssen die einzelnen Mitglieder der Schuldnermehrheit im Abgabenbescheid mit der ihnen zukommenden zivilrechtlichen Klassifikation individuell angesprochen werden
§ 93 Abs 2 BAO, § 199 BAO, § 38 EStG
GZ 2006/13/0123, 01.10.2008
Der streitgegenständliche Einkommensteuerbescheid ist an "Dkfm. B. Eva u Mitbes f B. D" zH Dkfm. B. Eva adressiert. Die der Erledigung angeschlossene gesonderte Bescheidbegründung ist an die "Verlassenschaft nach Dr. Dieter B." adressiert. Die dagegen namens der "Verlassenschaft nach Dr. Dieter B". erhobene Berufung, mit welcher die begünstigte Besteuerung von Lizenzgebühren mit dem Hälftesteuersatz begehrt worden war, wurde abgewiesen. Dieser nunmehr angefochtene Bescheid wurde an "Dkfm. Eva und Oliver B. als Erbengemeinschaft" adressiert.
VwGH: Gem § 93 Abs 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Die mit der Personenumschreibung getroffene Wahl des Normadressaten ist wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal.
Zur Bezeichnung des Bescheidadressaten als "Dkfm. B. Eva u Mitbes f B. D" durch das Finanzamt ist festzuhalten, dass das EStG nach § 1 Abs 1 nur die Steuerpflicht natürlicher Personen kennt, die Erledigung hingegen offensichtlich nur ein auch rechtlich nicht existierendes Gebilde anspricht, weshalb dem ESt-Bescheid ein tauglicher Bescheidadressat fehlt. Sollte mit dieser Erledigung etwa iSd § 199 BAO ein Gesamtschuldverhältnis in Bezug auf die beiden Bf als Gesamtrechtsnachfolger nach dem verstorbenen Erblasser geltend gemacht werden, könnte ebenfalls nicht die Gemeinschaft als solche Bescheidadressat sein. Vielmehr müssten die einzelnen Mitglieder der Schuldnermehrheit bereits im Abgabenbescheid mit der ihnen zukommenden zivilrechtlichen Klassifikation individuell angesprochen werden. Zum in der Begründung der erstinstanzlichen Erledigung (zusätzlich) ausgewiesenen Bescheidadressaten ist ergänzend anzumerken, dass auch eine nach rechtskräftiger Einantwortung an die "Verlassenschaft nach ..." gerichtete Erledigung ins Leere geht.
Entfaltete damit die erstinstanzliche Erledigung keine Rechtswirkungen, war die belangte Behörde auch nicht befugt, in eine meritorische Erledigung des dagegen gerichteten Rechtsmittels einzutreten. Vielmehr hätte die Berufung als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Die Berufungsbehörde hat dessen ungeachtet durch Abweisung der Berufung als unbegründet die beiden Bf erstmals auch namentlich als Bescheidadressaten (mit der Beifügung "als Erbengemeinschaft") bezeichnet und somit als Gesamtschuldner hinsichtlich der Abgabenschuld des Erblassers (in Form eines einheitlichen Abgabenbescheides nach § 199 BAO) herangezogen. Solche erstmaligen Absprüche fallen in die Zuständigkeit des Finanzamtes, womit die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge (funktioneller) Unzuständigkeit belastet hat.
Für das fortzusetzende Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass, ist im Nachlass Betriebsvermögen enthalten, der Erbe die Buchwerte des Erblassers zu übernehmen und fortzuführen hat. Auch ein im Betrieb entwickeltes Patentrecht stellt ungeachtet der durch § 4 Abs 1 EStG angeordneten (im Falle von Anlagevermögen) fehlenden Aktivierungsmöglichkeit notwendiges Betriebsvermögen dar. Fließen Lizenzgebühren bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG erst nach dem Tod des Erfinders dem Erben zu, dann sind die Lizenzeinkünfte dem Erben zuzurechnen, wobei für eine begünstigte Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz auf Grund der Bestimmung des letzten Satzes des § 38 Abs 1 EStG kein Raum besteht.