VwGH: Reisen nach Gran Canaria aufgrund des günstigeren Klimas - außergewöhnliche Belastung gem § 34 EStG?
Die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung kommt nur dann in Betracht, wenn der Aufenthalt nicht den Charakter eines Erholungsurlaubes, sondern jenen eines Kuraufenthaltes hat; Kosten für Urlaubsreisen erwachsen auch nicht dadurch zwangsläufig, dass der Arzt aus medizinischen Gründen solche empfiehlt
§ 34 EStG
GZ 2007/15/0022, 22.04.2009
VwGH: Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur)Reise führt zu einer außergewöhnlichen Belastung iSd § 34 EStG. Da generell ein Erholungsurlaub der Gesundheit zuträglich ist, erweist sich eine Abgrenzung der für die Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft förderlichen Erholungsreisen von den aus medizinischer Sicht notwendigen Reisen im engeren Sinn als erforderlich. Eine Reise im letztgenannten Sinn kann nach stRsp des VwGH nur angenommen werden, wenn die Reise nach ihrem Gesamtcharakter eine Kurreise, insbesondere mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, darstellt und damit sichergestellt ist, dass nicht bloß eine Erholungsreise vorliegt, welche zwar ebenfalls der Gesundheit förderlich ist, aber nicht zu zwangsläufigen und außergewöhnlichen Aufwendungen iSd § 34 EStG führt.
Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Zeugnis kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss.
Die im gegenständlichen Fall vorliegenden Aufenthalte des Bf auf Gran Canaria sind nicht mit einer kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung verbunden gewesen. Dazu kommt, dass bloß allgemein gehaltene ärztliche Empfehlungen für diese Aufenthalte beigebracht worden sind, die im Wesentlichen nur die günstige Auswirkung der Aufenthalte im mediterranen Klima bzw auf den Kanarischen Inseln auf die gesundheitliche Situation des Bf beschreiben, ohne den Kurcharakter der Reisen selbst (in Abgrenzung zu einer bloßen Erholungsreise) aufzuzeigen. Überdies sind die ärztlichen Schreiben erst in der Zeit nach Absolvierung der in Rede stehenden Reisen verfasst worden. Dass bereits das mediterrane Klima für sich allein zu einer Linderung der Schmerzen auf Grund einer Trigeminus-Neuralgie führt, reicht für die Anerkennung der Aufwendungen von Erholungsreisen als außergewöhnliche Belastung nicht aus. Bei einer breiten Palette von Krankheitsbildern vermag ein Klimawechsel den Krankheitsverlauf gewiss positiv zu beeinflussen; dennoch muss für Zwecke der einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwendungen eine Abgrenzung der Aufwendungen für zwingend medizinisch indizierten (Kur)Reisen zu solchen für Urlaubs- und Erholungsreisen vorgenommen werden.