VwGH: Zeitpunkt von außerhalb der Amtsstunden via E-Mail übermittelter Anbringen
Eine E-Mail-Sendung ist dann bei der Behörde eingelangt, wenn sie von einem - außerhalb der Amtsstunden betriebsbereit gehaltenen - Server, den die Behörde für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im "elektronischen Verfügungsbereich" der Behörde befindet
§ 13 AVG
GZ 2008/04/0089, 22.04.2009
Der Bf hat die Berufungen am letzten Tag der Berufungsfrist nach Ende der Amtsstunden per E-Mail an die Behörde erster Instanz abgesendet.
Diese wurden als verspätet abgewiesen. Die am 14. Mai 2008 um 17.09 Uhr und somit außerhalb der Amtsstunden per E-Mail gesendeten Berufungen würden gem § 13 Abs 5 letzter Satz AVG erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden am Folgetag als bei der Behörde erster Instanz eingelangt gelten und seien daher verspätet. Zur Fristwahrung hätten die Berufungen spätestens am 14. Mai 2008 zum Ende der Amtsstunden um 15.30 Uhr bei der Behörde erster Instanz einlangen müssen.
VwGH: Die belangte Behörde stützte ihre Ansicht, dass am letzten Tag der Frist nach Ende der Amtsstunden per E-Mail abgesendete Berufungen jedenfalls verspätet seien, auf den letzten Satz des § 13 Abs 5 AVG, wonach bei Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden eingebracht werden, behördliche Entscheidungsfristen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen beginnen.
Eine derartige Regelung wurde erstmals mit der Novelle BGBl I Nr 137/2001 eingeführt. Diese Novelle normierte, dass die in den dort genannten technisch möglichen Weisen eingebrachten Anbringen, die innerhalb einer Frist, aber außerhalb der Amtsstunden einlangen, als rechtzeitig gelten. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass behördliche Entscheidungsfristen in diesen Fällen jedoch - anders als etwa nach § 73 AVG nicht mit dem Einlangen, sondern - erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen beginnen. Die im Wesentlichen unverändert auch in § 13 Abs 5 letzter Satz AVG in der geltenden Fassung enthaltene Regelung normiert somit ausschließlich den Beginn von behördlichen Entscheidungsfristen und ist für die Frage der Rechtzeitigkeit einer Berufung nicht maßgeblich. Die Ansicht der belangten Behörde, die beiden Berufungen seien schon auf Grundlage von § 13 Abs 5 letzter Satz AVG als verspätet anzusehen, beruht daher auf einer Verkennung der Rechtslage.
Die gegenständlichen Berufungen wurden nach Ende der Amtsstunden per E-Mail (ein elektronischer Zustelldienst wurde nicht in Anspruch genommen) an die Behörde versendet. Da das Postenlaufprivileg des § 33 Abs 3 AVG in solchen Fällen nicht gilt, kommt es für die Rechtzeitigkeit darauf an, wann diese Berufungen bei der Behörde eingelangt sind. (Eine andere Betrachtungsweise könnte bei Vorliegen entsprechender gem § 13 Abs 2 AVG ordnungsgemäß kundgemachter organisatorischer Beschränkungen geboten sein, wofür allerdings vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen.)
Eine E-Mail-Sendung ist dann bei der Behörde eingelangt, wenn sie von einem - außerhalb der Amtsstunden betriebsbereit gehaltenen - Server, den die Behörde für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im "elektronischen Verfügungsbereich" der Behörde befindet.
Die belangte Behörde ist vorliegend zum Ergebnis gekommen, dass der Bf die Absendung der Berufungen am 14. Mai 2008 um 17.09 Uhr nachgewiesen hat. In einem solchen Fall ist es Sache der Behörde, den Zeitpunkt des (erstmaligen) Empfangs durch einen Server festzustellen, den die Behörde, bei der das Anbringen einzubringen ist, für die Empfangnahme von E-Mail-Sendungen gewählt hat.