26.05.2010 Verfahrensrecht

VwGH: Devolutionsantrag im Zusammenlegungsverfahren

Der stufenförmige Aufbau des Zusammenlegungsverfahrens bedingt, dass Entscheidungsfristen des nächstfolgenden Verfahrensstadiums erst nach rechtskräftigem Abschluss der vorherigen Verfahrensstufe zu laufen beginnen können; die Auslösung der Entscheidungspflicht iSd § 73 AVG für die nächstfolgende Etappe ist somit an den rechtskräftigen Abschluss des vorherigen Verfahrensstadiums geknüpft


Schlagworte: Devolutionsantrag, Zusammenlegungsverfahren, Entscheidungspflicht, Zuständigkeit
Gesetze:

§ 73 AVG, § 6 AVG

GZ 2009/07/0008, 18.03.2010

Die Beschwerde wendet sich gegen die im erstangefochtenen Bescheid vorgenommene "Teilabweisung" des Devolutionsantrages, soweit er den Antrag des Erstbeschwerdeführers vom 21. Dezember 2006 betrifft. Aus der Generalkompetenz der Agrarbehörde ergebe sich eine Verpflichtung der umfassend zuständigen Agrarbehörden zur Bedachtnahme auf die Interessen der Verfahrensparteien, insbesondere deren Interesse an einer raschen Erledigung des Zusammenlegungsverfahrens. Mit Einlangen des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde sei diese zur umfassend zuständigen, funktionell erstinstanzlichen Agrarbehörde geworden. Es gehe nicht an, dass jeder einzelne Verfahrensschritt zunächst der AB als lediglich "formale Agrarbehörde I. Instanz" überlassen werde. Diese habe bereits bewiesen, dass sie nicht in der Lage oder willens sei, das Zusammenlegungsverfahren T in einer für die Verfahrensparteien auch nur annähernd verträglichen und mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der Parteien im Einklang stehenden Dauer abzuwickeln. So sei die AB mit jedem möglichen Verfahrensschritt seit Jahrzehnten säumig. Daher sei zunächst der Antrag vom 21. Dezember 2006 und in weiterer Folge der Devolutionsantrag gezielt auf eine Enderledigung des seit 1968 anhängigen Zusammenlegungsverfahrens durch die belangte Behörde gerichtet gewesen. Diese Kompetenz zur Enderledigung sei ex lege mit Einlangen des Devolutionsantrages auf die belangte Behörde übergegangen.

VwGH: Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerde den spezifischen Aufbau des vorliegenden Verfahrens. Nach der Judikatur von VfGH und VwGH ist das Kommassierungsverfahren (Zusammenlegungsverfahren) durch einen stufenförmigen Aufbau gekennzeichnet. Diesem Aufbau wohnt die Folge inne, dass jede einzelne Etappe durch einen behördlichen Akt abgeschlossen wird, dessen Rechtskraft einerseits Voraussetzung für die Durchführung des nächstfolgenden Stadiums des Verfahrens ist und der andererseits der Durchführung des weiteren Verfahrens zu Grunde gelegt werden muss. Das Überspringen einer Verfahrensstufe würde der Behörde die Befugnis zur Entscheidung einer späteren Stufe des Verfahrens nehmen.

Dieser stufenförmige Aufbau bedingt, dass Entscheidungsfristen des nächstfolgenden Verfahrensstadiums erst nach rechtskräftigem Abschluss der vorherigen Verfahrensstufe zu laufen beginnen können; die Auslösung der Entscheidungspflicht iSd § 73 AVG für die nächstfolgende Etappe ist somit an den rechtskräftigen Abschluss des vorherigen Verfahrensstadiums geknüpft.

Daraus entsteht für die Verfahrensparteien eines Zusammenlegungsverfahrens die Notwendigkeit bei andauernder Untätigkeit der Agrarbehörde erster Instanz nach Abschluss eines Verfahrensstadiums einen Antrag auf Setzung der noch nötigen Verfahrensschritte in der nächstfolgenden Etappe des Zusammenlegungsverfahrens zu stellen, um dieses voranzutreiben. Dies kann die Stellung mehrerer Devolutionsanträge erforderlich machen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass über einen derartigen Devolutionsantrag nach § 73 AVG, der sich aus dem Vorgesagten jeweils nur auf den Abschluss eines Verfahrensstadiums des mehrere Etappen umfassenden Zusammenlegungsverfahrens beziehen kann, "ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen" entschieden werden muss (für die Erlassung des Zusammenlegungsplanes im Falle einer vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen steht gem § 7a Abs 4 AgrVG ein Zeitraum von drei Jahren zur Verfügung).

Die Neueinteilung der Grundstücke des Zusammenlegungsgebietes, sei es erst mit dem Zusammenlegungsplan oder vorher in Form der Anordnung der vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen, setzt, wie sich aus den §§ 16 Abs 1, 23 und 24 Abs 1 TFLG ergibt, eine "Wegeplanung" (Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen) iSd Antrages des Erstbeschwerdeführers vom 21. Dezember 2006 voraus. Im derzeitigen Stadium des Zusammenlegungsverfahrens T waren daher Verfahrensschritte über die Erlassung eines Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen ("Wegeplanung") hinaus nicht möglich. Die belangte Behörde hat daher den Devolutionsantrag des Erstbeschwerdeführers, soweit er sich auf die "Neueinteilung der Grundstücke und Erlassung sowie Durchführung eines Zusammenlegungsplans" iSd Antrages vom 21. Dezember 2006 bezieht, zu Recht abgewiesen.

Eine Zurückweisung des Ausscheidungsantrages der Bf im Spruchpunkt II des erst- und zweitangefochtenen Bescheides der belangten Behörde mangels Zuständigkeit komme - wie die Beschwerde weiter ausführt - auf Grund des Übergangs der Zuständigkeit auf die belangte Behörde nicht in Frage. Auf Grund des Devolutionsantrages vom 3. Juli 2007 sei es zu einem Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde "für die Abwicklung des gesamten Verfahrens" gekommen.

Diese Sichtweise der Bf verbietet sich - wie bereits ausgeführt - auf Grund des spezifischen Aufbaus eines Zusammenlegungsverfahrens. Der Antrag auf Ausscheidung der Grundstücke der Bf aus dem Zusammenlegungsgebiet wurde in der Verhandlung der belangten Behörde am 6. Dezember 2007 gestellt. Ein solcher Antrag auf Ausscheidung war auch nicht - wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten unstrittig ergibt - Gegenstand der Anträge des Erstbeschwerdeführers vom 22. Mai 2006 und vom 21. Dezember 2006. Damit war er auch nicht vom mit 3. Juli 2007 datierten Devolutionsantrag umfasst. Ein solcher Antrag auf Ausscheidung wäre - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - bei der AB einzubringen gewesen.

Langen bei einer Behörde Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie gem § 6 Abs 1 AVG diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Auf eine Verweisung der Bf an die zuständige AB während der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2007 durch die belangte Behörde bestand kein subjektives Recht der Bf.

Wenn die belangte Behörde die bei ihr eingebrachten Anträge auf Ausscheidung im Spruchpunkt II des erst- und zweitangefochtenen Bescheides "zurückgewiesen" hat, so ist dies im Grunde des Wortlautes der Bestimmung des § 6 Abs 1 AVG zwar verfehlt, hat aber Rechte der Bf dann nicht verletzt, wenn die belangte Behörde - wie in den vorliegenden Beschwerdefällen - sowohl durch den Hinweis auf die Bestimmung des § 6 Abs 1 AVG im Spruch ihrer angefochtenen Bescheide als auch in der zu diesem Spruch gegebenen Begründung unmissverständlich klargestellt hat, dass die gestellten Anträge von der AB als Erstbehörde zu erledigen sein würden. Ein Ausspruch einer "Zurückweisung" der gestellten Anträge stellt sich damit nur als überflüssiger Akt der Feststellung der Unzuständigkeit der belangten Behörde zur meritorischen Entscheidung dar, mit welcher die Erledigung der gestellten Anträge durch die funktional zuständige Erstbehörde nicht gehindert und eine Verletzung der Rechte der Bf auf Sachentscheidung über ihre Anträge auf Ausscheidung nicht bewirkt worden ist.