VwGH: Ersuchen des Gendarmeriebeamten im Krankenhaus am Bewusstlosen Blutabnahme durchzuführen - Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt?
Für die Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kommt es nicht darauf an, ob den behandelnden Ärzten von Seiten des Gendarmeriebeamten Befehle erteilt oder ihnen gegenüber Zwang ausgeübt worden ist
Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 67a Abs 1 Z 2 AVG
GZ 2004/01/0502, 10.04.2008
Nach einem Verkehrsunfall wurde über Ersuchen des Gendarmeriebeamten im Krankenhaus an dem bewusstlosen Beschwerdeführer Blut abgenommen.
VwGH: Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1988, B 1092/87, dem insoweit ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, als auch dort über "Ersuchen" von Gendarmeriebeamten in einem Krankenhaus an einem Bewusstlosen eine Blutabnahme zum Zweck der Feststellung des Blutalkoholgehaltes durchgeführt worden war, folgendes ausgeführt:"Bei der von Exekutivbeamten veranlassten Blutabnahme zwecks Blutalkoholbestimmung handelt es sich um eine ... in Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesetzte Maßnahme, die sich gegen eine bestimmte Person, nämlich den Beschwerdeführer, richtete. Mag auch die Anwendung unmittelbaren Zwanges gegen den Beschwerdeführer - anders als bei dem vom VfGH zu B 502/85 am 26.9.1986 entschiedenen Fall einer behördlichen Blutabnahme - wegen der Bewusstlosigkeit des Bf zum Zeitpunkt der Blutabnahme ohne Überwindung eines dagegen gerichteten Widerstandes erfolgt sein, so ändert dieser Umstand nichts daran, dass die von der belangten Behörde verfügte Blutabnahme beim Beschwerdeführer ohne dessen - auch nur vermutbare - Zustimmung erfolgte und schon deswegen eine ... anfechtbare behördliche Maßnahme vorliegt. Ist es doch auch aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes ... schlechterdings ausgeschlossen, eine bewusstlose Person, gegen die sich eine behördliche Maßnahme richtet, schlechter zu stellen als eine im Besitze des Bewusstseins befindliche Person. Der Umstand, dass bei einer bewusstlosen Person eine die Anfechtbarkeit der behördlichen Maßnahme ... ausschließende Zustimmung zu der von der Behörde verfügten Maßnahme von vornherein unmöglich ist, kann nicht dazu führen, bei bewusstlosen Personen eine derartige Zustimmung zu fingieren."
Diese Überlegungen lassen sich auch auf den gegenständlichen Fall übertragen. Die belangte Behörde übersieht in ihrer Argumentation, dass es für die Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht darauf ankommt, ob den behandelnden Ärzten von Seiten des Gendarmeriebeamten Befehle erteilt oder ihnen gegenüber Zwang ausgeübt worden ist. Ziel der behördlichen Maßnahme war vielmehr der Beschwerdeführer, dem ohne dessen tatsächliche oder vermutbare Zustimmung zwangsweise Blut abgenommen wurde. Dass die Abnahmehandlung nicht vom Gendarmeriebeamten selbst, sondern über dessen Ersuchen von den Ärzten des Krankenhauses erfolgte, vermag daran nichts zu ändern. Nach den Feststellungen der belangten Behörde ist nämlich unbestritten, dass die Blutabnahme nur deshalb durchgeführt wurde, weil die Ärzte vom einschreitenden Gendarmen darum gebeten worden waren, und sie ausschließlich behördlichen Ermittlungen diente. Somit kann nicht zweifelhaft sein, dass die Blutabnahme von einem Gendarmerieorgan veranlasst wurde und damit auch den Sicherheitsbehörden zuzurechnen war.