28.06.2009 Wirtschaftsrecht

VwGH: Zur Begründung der Zuschlagsentscheidung nach § 131 vierter Satz BVergG 2006 - ist eine nicht ordnungsgemäß begründete Mitteilung der Zuschlagsentscheidung rechtswirksam?

Ein Verstoß gegen § 131 vierter Satz BVergG 2006 stellt eine wesentliche Verletzung iSd § 325 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 dar und zieht die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nach sich


Schlagworte: Bundesvergaberecht, nicht ordnungsgemäß begründete Mitteilung der Zuschlagsentscheidung, wesentliche Verletzung, nichtig
Gesetze:

§ 131 BVergG 2006, § 325 BVergG 2006

GZ 2009/04/0081, 22.04.2009

Die beschwerdeführende Auftraggeberin bringt vor, von der Verpflichtung des § 131 BVergG 2006, die darin genannten Informationen zu übermitteln, seien die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtung zu trennen. Der Gesetzgeber habe zu den Rechtsfolgen der Unterlassung von Informationen nach §131 vierter Satz BVergG 2006 in § 132 Abs 2 BVergG 2006 eine abschließende Regelung getroffen. Dort werde festgehalten, dass lediglich ein unter Verstoß gegen die gem § 131 erster Satz BVergG 2006 bestehende Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erfolgter Zuschlag absolut nichtig sei. Daraus folge im Umkehrschluss, dass eine entgegen § 131 vierter Satz BVergG 2006 nicht ordnungsgemäß begründete Mitteilung der Zuschlagsentscheidung rechtswirksam sei, was der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien auch ausdrücklich festhalte. Dass eine vom Auftraggeber ordnungsgemäß gefasste und begründete Zuschlagsentscheidung wegen des Fehlens der Angaben in der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung rechtswidrig werde, sei vom Gesetz ausgeschlossen und in rechtlicher Hinsichtlich geradezu "absurd".

VwGH: In den Erläuterungen wird zu § 131 BVergG 2006 wie folgt ausgeführt: "Neu vorgesehen ist nunmehr, dass der Auftraggeber den betreffenden Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist (Fristberechnung ergibt sich aus § 132) und die Gründe für die Ablehnung ihrer Angebote bereits mit der Zuschlagsentscheidung mitteilen muss. Wie bisher sind daneben auch noch die Vergabesumme und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben. Die Neuregelung erlaubt die Beibehaltung der bisherigen Praxis, wonach allen Bietern eine Musterverständigung übermittelt wurde. Sofern aus der Mitteilung die vom Gesetz geforderten Informationen (zumindest implizit) entnommen werden können, erfordert § 131 keine individualisierten Mitteilungen hinsichtlich der Gründe für die Ablehnung des jeweiligen Angebotes. Der Grund für die Umstellung im Vergleich zum BVergG 2002 liegt darin, dass das bisherige Modell (§ 100 BVergG 2002), wonach die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung von einem Antrag eines nicht zum Zuge gekommenen Bieters abhängig war, für die Bieter in der Praxis zu einer erheblichen Verkürzung der Nachprüfungsfristen geführt hat, da eine Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung ohne Kenntnis der Gründe, aus denen das eigene Angebot nicht für den Zuschlag berücksichtigt wird, in der Regel nur schwer zu bewerkstelligen war. Durch die Neuregelung ist gewährleistet, dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt. Durch den Entfall der Bekanntgabepflicht nach der Zuschlagsentscheidung entfällt auch das Problem, dass der Auftraggeber nach der Zuschlagsentscheidung eine Entscheidung trifft, die nicht bekämpft werden kann. Die Zuschlagsentscheidung ist somit die 'letzte' gesondert anfechtbare Entscheidung."

Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber mit § 131 BVergG 2006 ganz bewusst die bisherige Holschuld (des Bieters und Nachprüfungswerbers) in eine Bringschuld (des öffentlichen Auftraggebers) umgewandelt hat, zeigt, dass dem Nachprüfungswerber nicht mehr zuzumuten ist, die vom Auftraggeber in seiner Zuschlagsentscheidung nicht bekannt gegebenen Informationen beim Auftraggeber selbst oder im Wege eines Nachprüfungsverfahrens zu beschaffen. Daher ist die Unterlassung der Begründung der Zuschlagsentscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens iSd § 325 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 schon dann wesentlich, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder behindert wird, was in der Regel anzunehmen ist.