VwGH: BVergG - Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit bei Bauaufträgen und Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
Der Nachweis, dass dem Bieter von einem Dritten die technischen Mittel während des Auftragszeitraumes zur Verfügung gestellt werden, erfordert einerseits den Nachweis, dass diese Mittel beim Dritten tatsächlich verfügbar sind und andererseits, dass der Dritte sie der Verfügungsgewalt des Bieters überlassen werde; Letzteres kann durch eine bereits geschlossene Vereinbarung, einen Rahmenvertrag oder etwa durch ein Optionsrecht nachgewiesen werden; beim offenen Verfahren ist auf den Zeitpunkt der Angebotsöffnung abzustellen
§ 69 BVergG 2006, § 75 BVergG 2006, § 76 BVergG 2006
GZ 2009/04/0203, 11.11.2009
Die belangte Behörde hat den gegen die Ausscheidung des Angebotes der Bf eingebrachten Nachprüfungsantrag zurückgewiesen und dies damit begründet, dass dem Angebot der Bf ein Mangel anhafte - nach Ansicht der belangten Behörde sei die schriftliche Bestätigung des Baugeräteverleihers über das Zurverfügungstellen der notwendigen Maschinen einerseits nicht ausreichend und andererseits verspätet beigebracht worden - und dieser Mangel unbehebbar sei.
VwGH: Die Beschwerde rügt zunächst, dass die belangte Behörde durch die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert habe:Gegenstand des an die belangte Behörde gerichteten Nachprüfungsantrages war die Entscheidung der Auftraggeberin vom 21. April 2009, das Angebot der Bf auszuscheiden. Die Rechtmäßigkeit dieser Auftraggeberentscheidung war somit die Hauptfrage und nicht bloß Vorfrage des Nachprüfungsverfahrens. Legt man die Annahme der belangten Behörde zugrunde, die Ausscheidung der Bf sei rechtmäßig gewesen, so wäre der Nachprüfungsantrag der Bf, wie diese zutreffend einwendet, abzuweisen und nicht zurückzuweisen gewesen. Dieser Fehler alleine führt aber im gegenständlichen Fall noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, zeigt doch die wiedergegebene Begründung dieses Bescheides, dass sich die belangte Behörde mit den Argumenten der Bf gegen die Ausscheidung ihres Angebotes ohnedies inhaltlich auseinander gesetzt hat, sodass im Vergreifen bei der Wortwahl (Zurückweisung statt Abweisung des Nachprüfungsantrages) noch keine Rechtsverletzung der Bf zu erkennen ist.
Was zunächst das Argument der belangten Behörde anlangt, die schriftliche Bestätigung vom 10. April 2009 sei - von ihrem Inhalt her - nicht geeignet, die technische Leistungsfähigkeit nachzuweisen (weil die Bf dadurch noch "nicht selbst über die erforderlichen Geräte verfügt", sondern die zwei Maschinen zur Asphaltfertigung erst mieten oder kaufen werde), so ist auf Folgendes hinzuweisen:Nach dem mit § 75 Abs 6 Z 5 BVergG 2006 übereinstimmenden Wortlaut der Ausschreibung ist die technische Leistungsfähigkeit durch "eine Erklärung" nachzuweisen, aus der hervorgeht, über welche Ausstattungen, welche Baugeräte und welche technische Ausrüstung der Unternehmer für die Ausführung "verfügen wird". Demnach ergibt sich, dass die Bf nicht schon im hier maßgebenden Zeitpunkt tatsächlich über die Geräte verfügen musste, sondern (bloß) einen Nachweis (§ 76 Abs 1 BVergG 2006) vorzulegen hatte, dass sie sich bei der Ausführung des Auftrages der entsprechenden Maschinen werde bedienen können. In diesem Sinne hat auch der EuGH im Urteil "Holst Italia" vom 2. Dezember 1999, C-176/98, ausgesprochen, es stehe dem Bieter frei, sich gegenüber dem Auftraggeber auf die Leistungsfähigkeit Dritter zu berufen, die er "in Anspruch nehmen will, wenn ihm der Auftrag erteilt wird" und dass der Auftraggeber sich Gewissheit verschaffen müsse, dass dem Bieter "während des Auftragszeitraumes" tatsächlich die Mittel aller Art zu Gebote stehen, auf die er sich beruft. Das nationale Gericht habe die Erheblichkeit der zu diesem Zweck vorgelegten Beweiselemente zu beurteilen, dürfe dabei aber bestimmte Beweismittel nicht von vornherein ausschließen.
Der Nachweis, dass dem Bieter von einem Dritten die technischen Mittel während des Auftragszeitraumes zur Verfügung gestellt werden, erfordert einerseits den Nachweis, dass diese Mittel beim Dritten tatsächlich verfügbar sind und andererseits, dass der Dritte sie der Verfügungsgewalt des Bieters überlassen werde. Letzteres kann durch eine bereits geschlossene Vereinbarung, einen Rahmenvertrag oder etwa durch ein Optionsrecht nachgewiesen werden.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nicht bezweifelt, dass der P. Baugeräteverleiher über die in Rede stehenden Maschinen zur Asphaltfertigung tatsächlich verfügt. Durch die Bestätigung vom 10. April 2009 ist iSd Gesagten aber auch nachgewiesen, dass der P. Baugeräteverleiher der Bf diese Maschinen im Auftragsfall überlassen werde, wurde dies doch im letzten Satz des genannten Bestätigungsschreibens ausdrücklich "zugesichert".
Zutreffend ist allerdings das weitere Argument der belangten Behörde, wonach die Bestätigung vom 10. April 2009 - in zeitlicher Hinsicht - nicht mehr ausreichte, die technische Leistungsfähigkeit nachzuweisen, weil auf den Zeitpunkt der Angebotsöffnung (das war gegenständlich der 12. März 2009) abzustellen sei:Gem § 69 Z 1 BVergG 2006 muss (unbeschadet der hier nicht relevanten Regelung des § 20 Abs 1) beim offenen Verfahren (ua) die Leistungsfähigkeit spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Wird diese Bestimmung nicht erfüllt und haftet daher dem Angebot ein Mangel an, so ist zu unterscheiden, ob im genannten Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit - als solche - fehlt (in diesem Fall läge ein unbehebbarer Mangel vor) oder ob es bloß am Nachweis der - im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden - Leistungsfähigkeit mangelt (dabei handelte es sich um einen behebbaren Mangel).
Soweit es daher lediglich um den Nachweis der Leistungsfähigkeit geht, kam der Bf die Möglichkeit zu, denselben innerhalb der ihr gesetzten Frist nachzureichen, wovon sie Gebrauch gemacht hat. Damit ist aber noch nicht beantwortet, ob die nachgereichte Unterlage (hier: die Bestätigung des P. Baugeräteverleihers vom 10. April 2009) auch ausreichte, um die Erfüllung der Voraussetzung des § 69 Z 1 BVergG 2006 nachzuweisen, nämlich dass die technische Leistungsfähigkeit schon im Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorlag. Nur wenn die Auftraggeberin aufgrund der ihr von der Bf übermittelten Unterlagen davon ausgehen konnte, dass die Bf die technische Leistungsfähigkeit schon im Zeitpunkt der Angebotsöffnung besaß (ihr also schon am 12. März 2009 die Verfügung über die nötigen Maschinen iSd oben Gesagten zugesichert war), wäre die Ausscheidung des Angebotes der Bf rechtswidrig. Anhaltspunkte dafür lassen sich aber aus der zitierten Bestätigung vom 10. April 2009 nicht entnehmen. Damit ergibt sich, dass die Auftraggeberin trotz der ihr vorgelegten Bestätigung des P. Baugeräteverleihers vom 10. April 2009 nicht annehmen konnte, die Bf habe bereits im entscheidenden Zeitpunkt der Angebotsöffnung über die technische Leistungsfähigkeit verfügt, sodass sie das Angebot der Bf gem § 129 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 auszuscheiden hatte. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie dem Nachprüfungsantrag der Bf mit dem angefochtenen Bescheid nicht stattgegeben hat.