VwGH: Antrag auf Auskunft nach dem AuskunftspflichtG bei Bundeswettbewerbsbehörde - zum Instanzenzug
Bescheide der Bundeswettbewerbsbehörde, die nach dem AuskunftspflichtG erlassen werden, können beim sachlich zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Berufung bekämpft werden, sodass gegen solche Bescheide eine Beschwerde beim VwGH nicht zulässig ist
§ 1 AuskunftspflichtG, § 4 AuskunftspflichtG, § 1 WettbewerbsG, § 20 WettbewerbsG, Art 131 B-VG, Art 20 B-VG, § 34 VwGG
GZ 2008/04/0093, 20.05.2010
Mit "Antrag auf Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz" begehrten die Bf bei der Bundeswettbewerbsbehörde (belangte Behörde) die Auskunft, ob diese aufgrund von ihr durchgeführter Ermittlungen Anhaltspunkte gewonnen habe, dass näher genannte Unternehmen, mit denen die Bf in einem Vertragsverhältnis stünden, unzulässige Preisabsprachen getroffen hätten. Für den Fall der Nichterteilung der Auskunft wurde die Gewährung von Akteneinsicht begehrt.
Die belangte Behörde teilte mit, dass sie die begehrte Auskunft "auf Grund des erheblichen Aktenumfangs nicht ohne Beeinträchtigung der übrigen Verwaltungsabläufe" erteilen könne und dass für die weiters beantragte Akteneinsicht keine rechtliche Grundlage bestehe.
VwGH: Das AuskunftspflichtG enthält keine speziellen Regelungen über den Rechtsschutz. Wie der VwGH zuletzt im Erkenntnis vom 11. November 2009, 2009/04/0224, dargelegt hat, ist beim Rechtschutz in Auskunftssachen hinsichtlich der Zuständigkeit der Berufungsbehörde von einer organisatorischen Anknüpfung auszugehen. Der Instanzenzug in Auskunftssachen nach dem AuskunftspflichtG (des Bundes) geht - da es sich notwendig um unmittelbare Bundesverwaltung handelt und (im AuskunftspflichtG bzw im AVG) nichts Gegenteiliges angeordnet ist - über die allenfalls vorhandene organisatorisch übergeordnete (und damit zweitinstanzliche) Bundesbehörde (im organisatorischen Sinn) bis zum sachlich zuständigen Bundesminister. Für diese Ansicht ist maßgebend, dass die allgemeine Auskunftspflicht nach Art 20 Abs 4 B-VG eine eigene Materie darstellt, deren Vollziehung nach Satz 2 der genannten Bestimmung an organisatorische Kriterien anknüpft.
Die Bundeswettbewerbsbehörde ist gem § 1 Abs 1 WettbewerbsG beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingerichtet und hat hoheitliche Befugnisse (gem § 11 Abs 2 leg cit hat die Bundeswettbewerbsbehörde ua § 19 und den 6. Abschnitt des I. Teiles des AVG anzuwenden). Gem § 20 WettbewerbsG ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen, für die Vollziehung des WettbewerbsG zuständig. Nach dem Gesagten folgt daher, dass Bescheide der Bundeswettbewerbsbehörde, die nach dem AuskunftspflichtG erlassen werden, beim sachlich zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Berufung bekämpft werden können, sodass gegen solche Bescheide eine Beschwerde beim VwGH nicht zulässig ist.
Dem steht nicht entgegen, dass der Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde gem § 1 Abs 3 WettbewerbsG weisungsfrei und unabhängig ist wie dies etwa auch die ordentliche Gerichtsbarkeit zeigt. Entscheidend für die Frage der Erschöpfung des Instanzenzuges ist vielmehr, dass die Bekämpfung von Bescheiden der Bundeswettbewerbsbehörde im Verwaltungsweg gesetzlich nicht ausgeschlossen ist, weil das Gesetz eine diesbezügliche Regelung nicht enthält. Beim Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung ist nämlich nach der Rsp des VfGH für die unmittelbare Bundesverwaltung vom grundsätzlich unbeschränkten administrativen Instanzenzug bis zum zuständigen Bundesminister auszugehen, wenn (was gegenständlich der Fall ist) die Behörde, gegen deren Entscheidung die Zulässigkeit eines Rechtsmittels fraglich ist, organisatorisch als Behörde des Bundes (und nicht als nicht staatlicher Verwaltungsträger) eingerichtet wurde. Im Übrigen ergibt sich aus Art 20 Abs 2 B-VG in Bezug auf die dort genannten Organe, dass eine verfassungsrechtliche Verknüpfung von Weisungsfreistellung und letztinstanzlicher Entscheidungsbefugnis lediglich bei den in Z 3 erwähnten Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag erfolgt ist.