30.03.2011 Wirtschaftsrecht

VwGH: § 118 Abs 5 BVergG 2006 - Nichtverlesen der in den Angeboten enthaltenen Angaben zu den Qualitätskriterien

Durch die in § 118 Abs 5 BVergG 2006 eingefügte Z 4 wird klargestellt, dass sich die Z 3 nicht mehr auf neben dem Preis festgelegte Zuschlagskriterien bezieht; diesbezügliche Angaben in den Angeboten stellen damit keine wesentlichen Erklärungen des Bieters iSd § 118 Abs 5 Z 3 dar, die jedenfalls zu verlesen sind; durch die ausdrückliche Regelung für derartige quantifizierbare Angaben zu den Zuschlagskriterien (wie Kraftstoffverbrauch, Bauartgeschwindigkeit, oä) sind derartige Angaben nur dann zu verlesen, wenn dies der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt hat


Schlagworte: Vergaberecht, Öffnung der Angebote, Nichtverlesen der in den Angeboten enthaltenen Angaben zu den Qualitätskriterien, wesentliche Erklärungen der Bieter
Gesetze:

§ 118 Abs 5 BVergG 2006

GZ 2007/04/0003, 22.02.2011

Die belangte Behörde hat dem Vorbringen der Bf, die Auftraggeberin hätte gem § 118 Abs 5 BVergG 2006 auch jene Teile der Angebote, die die Qualitätskriterien betreffen, verlesen müssen, entgegen gehalten, dass dies nur unter den Voraussetzungen der Z 4 dieser Bestimmung geboten gewesen wäre.

Dem tritt die Beschwerde unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 21. Dezember 2004, 2004/04/0100, entgegen, in dem der VwGH vergleichbare Angaben in den Angeboten als "wesentliche Erklärungen der Bieter" gem § 88 Abs 5 Z 3 BVergG 2002 (dieser entspreche nunmehr § 118 Abs 5 Z 3 BVergG 2006) eingestuft habe, die zu verlesen seien.

VwGH: Richtig ist, dass der VwGH im zitierten Erkenntnis 2004/04/0100 zur Rechtslage des § 88 Abs 5 BVergG 2002 ausgesprochen hat, dass der Gesetzgeber in dieser Bestimmung jene Teile der Angebote taxativ aufgezählt hat, die bei der Angebotsöffnung zu verlesen sind und dass der VwGH die im damaligen Fall relevanten Angaben der Bieter (betreffend Leistungsfristen und allenfalls angebotene Verlängerungen der Mängelvermutungsfrist) als "wesentliche Erklärungen der Bieter" angesehen hat, die gem § 88 Abs 5 Z 3 BVergG 2002 zu verlesen seien.

Diese Rechtsansicht kann aber aus folgenden Gründen nicht auf die Rechtslage des BVergG 2006 übertragen werden:Der Gesetzgeber hat nämlich im § 118 Abs 5 BVergG 2006 (im Vergleich zu § 88 Abs 5 BVergG 2002) mit Z 4 eine weitere Kategorie von Bieterangaben aufgezählt, die im Rahmen der Öffnung der Angebote vorzulesen sind. In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung ist wie folgt ausgeführt:

"Anwesenheitsberechtigt gem § 118 Abs 1 sind Bieter oder deren Bevollmächtigte. Durch die in Abs 5 neu eingefügte Z 4 wird klargestellt, dass sich die Z 3 nicht mehr auf neben dem Preis festgelegte Zuschlagskriterien bezieht (siehe noch VwGH vom 21.12.2004, 2004/04/0100); diesbezügliche Angaben in den Angeboten stellen damit keine wesentlichen Erklärungen des Bieters iSd § 118 Abs 5 Z 3 dar, die jedenfalls zu verlesen sind; durch die ausdrückliche Regelung für derartige quantifizierbare Angaben zu den Zuschlagskriterien (wie Kraftstoffverbrauch, Bauartgeschwindigkeit, oä) sind derartige Angaben nur dann zu verlesen, wenn dies der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt hat."

Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall die auf die Qualitätskriterien bezogenen Angaben der Bieter (speziell die Angaben über Art und Dauer der Berufserfahrung des Hausarbeiters) nicht als "wesentliche Erklärungen der Bieter" iSd § 118 Abs 5 Z 3 BVergG 2006 zu verlesen waren.

Die Beschwerde meint, dass die verfassungskonforme Auslegung des § 118 Abs 5 Z 4 BVergG 2006 die Verlesung der in Rede stehenden Bieterangaben verlangt, weil es keine sachliche Rechtfertigung dafür gebe, dass Bieterangaben zu anderen Kriterien als dem Preis nicht bzw nur dann zu verlesen seien, wenn dies in der Ausschreibung angekündigt werde.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 118 Abs 5 vorletzter Satz BVergG 2006 (ebenso wie bereits § 88 Abs 3 BVergG 2002) anordnet, dass andere Angaben in den Angeboten, als in dieser Bestimmung genannt sind, den Bietern nicht zur Kenntnis gebracht werden dürfen. Diese Einschränkung ist iZm § 23 Abs 1 BVergG 2006 zu lesen, wonach Auftraggeber, Bewerber und Bieter den vertraulichen Charakter aller den Auftraggeber als auch die Bewerber und Bieter und deren Unterlagen betreffenden Angaben zu wahren haben.

Ausgehend vom Gebot der Vertraulichkeit erscheint es aber nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch notwendig, dass der Gesetzgeber die Verlesung von Bieterangaben zu anderen Zuschlagskriterien als dem Preis nur dann zulässt, wenn der Bieter mit der Verlesung dieser Angaben rechnen muss, weil deren Verlesung schon in der Ausschreibung angekündigt ist.

Im Übrigen vermag der VwGH in der gesetzlich normierten Einschränkung der Verlesung von Bieterangaben die in der Beschwerde ins Treffen geführte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichbehandlungsgebotes nicht zu erkennen, gilt § 118 Abs 5 BVergG 2006 doch in gleicher Weise für die Angebote aller Bieter in einem Vergabeverfahren.

Soweit die Beschwerde geltend macht, dem Auftraggeber werde damit die Möglichkeit zur Willkür eröffnet, wesentliche Teile der Angebote der Verlesung und damit der Nachkontrolle zu entziehen, so ist darauf hinzuweisen, dass gerade die taxative Aufzählung jener Bieterangaben, die (zwingend) zu verlesen sind, die willkürliche Auswahl der zu verlesenden Angaben verhindert.