EU-Kommission gibt "Microsoft" letzte Gelegenheit zur Stellungnahme vor Abschluss ihres Verfahrens
Die Europäische Kommission hat am 6. August 2003 dem Unternehmen "Microsoft" eine letzte Gelegenheit gegeben, Stellung zu beziehen, bevor sie ihre Untersuchung gegen die Organisation abschließen wird. Die bei einer Vielzahl von Verbrauchern, Lieferanten und Wettbewerbern gesammelten Beweismittel bestätigen und untermauern laut Auffassung der Kommission in vielerlei Hinsicht die vorangehenden Ergebnisse der Untersuchung, wonach Microsoft seine beherrschende Stellung bei Personal Computern auf die einfachen Server übertrage und die Verknüpfung von "Windows Media Player" mit dem PC-Betriebssystem "Windows" den Leistungswettbewerb schwäche, die Produktinnovation hemme und schließlich die Verbraucherwahl einschränken würde.
Die EU-Kommission hat Microsoft aufgefordert, Stellungnahmen zu einer Reihe von Abhilfen abzugeben, die von ihr erwogen werden, um die ermittelten Wettbewerbsverstöße zu beenden. Nach Abschluss dieses komplexen Untersuchungsverfahrens wird die Kommission weiterhin auf die strenge Einhaltung der Verfahrensregeln achten. Deshalb hat sie eine Mitteilung von Beschwerdepunkten an Microsoft gesendet.
Mit den Beschwerdepunkten wird Microsoft über die Ergebnisse der letzten umfassenden Marktuntersuchung in Kenntnis gesetzt. Die in diesem Markt gesammelten Beweismittel bestätigen laut Meinung der Kommission die bereits in den beiden vorangehenden Beschwerdepunkten geäußerten Beanstandungen betreffend die fehlende Interoperabilität sowie die Verknüpfung. Deshalb ist die Europäische Kommission zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass die missbräuchlichen Praktiken von Microsoft andauern.
Bei der Interoperabilität haben die Beweismittel laut Auffassung der Kommission bestätigt, dass Microsoft seine überwältigende beherrschende Stellung im Bereich der PC auf die einfachen Server ausweitet, welche Kerntätigkeiten für PC in Unternehmensnetzen erbringen. Die Kommission hat eine große Anzahl von kleinen, mittleren und großen Unternehmen aus sämtlichen Wirtschaftszweigen im gesamten EWR angesprochen und Angaben darüber erbeten, ob die Interoperabilität ein Faktor bei ihren Kaufentscheidungen gewesen ist und ob die Nichtweitergabe der entsprechenden Informationen durch Microsoft ihre Kaufentscheidungen beeinflusst hat.
Die überwältigende Mehrheit der auf diese Marktuntersuchung antwortenden Kunden hob hervor, dass die Nichtweitergabe von Schnittstelleninformationen, die erforderlich sind, damit die Server der Wettbewerber angemessen mit den Personal Computern und Servern kommunizieren können, ihre Wahl eindeutig und künstlich auf die Serverprodukte von Microsoft gelenkt hat. Ein solches Verhalten schädigt laut Auffassung der EU-Kommission den Leistungswettbewerb.
Hinsichtlich der Verknüpfung hat die Europäische Kommission eine große Anzahl von Anbietern in verschiedenen Marktsegmenten angesprochen. Diese Unternehmen stellen einen repräsentativen Querschnitt von beliebig ausgewählten Inhalteeigentümern, Inhalteanbietern und Softwareentwicklern im EWR und den USA dar. Alle Unternehmen wurden gebeten, Angaben zu den Besonderheiten ihres Wirtschaftszweiges und über die für ihre Geschäftsentscheidungen maßgeblichen Faktoren zu machen. Die Antworten würden deutlich machen, dass die Allgegenwart des Systems Windows Media Player in den Personal Computern ihre Entwicklungsanreize künstlich zugunsten von Microsoft verschiebt. Somit sieht die Kommission ihre vorläufige Schlussfolgerung bestätigt, dass die Verknüpfung von Windows Media Player mit dem Windows-Betriebssystem durch Microsoft den Leistungswettbewerb schwächt, die Produktinnovation behindert und schließlich die Verbraucherwahl einschränkt.
Hinsichtlich der Abhilfen hat die Kommission vorläufig einen Kern von Veräußerungsverpflichtungen ermittelt, die unerlässlich sein sollen, damit die Wettbewerber von Microsoft bei einfachen Servern die volle Interoperabilität mit den Personal Computern und Servern herstellen können. Damit würde Microsoft auferlegt, die erforderlichen Schnittstellenangaben preis zu geben, so dass die Verkäufer von konkurrierenden Servern unter gleichen Bedingungen den Wettbewerb mit Microsoft aufnehmen können.
Hinsichtlich der Verknüpfung hat die Europäische Kommission zwei alternative Abhilfen vorgeschlagen: Die erste bestünde darin, die Verknüpfung von Windows Media Player vom System Windows zu lösen, womit Microsoft verpflichtet würde, eine Windows-Version ohne Windows Media Player anzubieten. Dies ist die übliche Abhilfe bei einem Verknüpfungsverstoß.
Die zweite Verpflichtung würde darin bestehen, dass Microsoft "Media Player" der Wettbewerber mit seinem Windows-System anbieten müsste. Mit beiden Abhilfen soll gewährleistet werden, dass die Verbraucher eine Auswahl haben.