EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich und Deutschland ein
Die Europäische Kommission hat am 31. März 2004 beschlossen, Österreich und Deutschland vor dem EuGH zu verklagen, weil beide Mitgliedstaaten von privaten Kontrollstellen im Bereich des ökologischen Landbaus, auch von solchen, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, eine Niederlassung auf ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet verlangen.
Diese Vorschriften verstoßen nach Auffassung der Kommission gegen Art. 49 des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr. Ferner wird die EU-Kommission Österreich in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme auffordern, seine Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung und Überwachung von Druckgeräten (etwa Kessel) zu ändern, weil die gegenwärtigen Bestimmungen gegen die Vorschriften des Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Bei der mit Gründen versehenen Stellungnahme handelt es sich um die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 226 EG-Vertrag. Erhält die Kommission nicht binnen zwei Monaten eine zufrieden stellende Antwort, kann sie Österreich vor den Europäischen Gerichtshof bringen.
Wenn einzelstaatliche Vorschriften den freien Dienstleistungsverkehr behindern, werden den Unternehmen, insbesondere den mittelständischen Firmen, Geschäftsmöglichkeiten vorenthalten. Ihre potenziellen Kunden, unabhängig davon, ob es sich um Privatpersonen oder andere Unternehmen handelt, müssen auf eine größere Auswahl und häufig auch auf ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis verzichten. Letztlich beeinträchtigt dies die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Im Jänner 2004 hat die Europäische Kommission eine Richtlinie vorgeschlagen, mit der eine Vielzahl von Schranken beseitigt werden soll, denen Unternehmen gegenüberstehen, die in mehreren Ländern der Europäischen Union ihre Dienstleistungen anbieten oder Niederlassungen errichten möchten.
Die österreichischen sowie die deutschen Rechtsvorschriften sehen vor, dass alle (privaten) Kontrollstellen im Bereich des ökologischen Landbaus einen Sitz in Österreich bzw. Deutschland haben, um eine Zulassung zu erhalten. Die Kommission hat beschlossen, Österreich und Deutschland wegen dieser Niederlassungserfordernisse vor dem EuGH zu verklagen, weil dadurch in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Stellen nur dann grenzüberschreitend Leistungen anbieten können, wenn sie nochmals in jedem Land, indem sie tätig werden wollen, eigene Niederlassungen errichten.
Nach Art. 49 EG-Vertrag muss es jedem Unternehmen, das in einem Mitgliedstaat rechtmäßig Dienstleistungen erbringt, möglich sein, dieselben Dienstleistungen ungehindert in anderen Mitgliedstaaten anzubieten. Die Missachtung dieses Grundsatzes im Falle der Prüfstellen für den ökologischen Landbau führt zu einer Einschränkung des Wettbewerbs. Ferner kann dies Nachteile für die Erzeuger, welche die Dienstleistungen der Kontrollstellen in Anspruch nehmen, und mittelbar auch für die Endverbraucher der Erzeugnisse zur Folge haben.
Außerdem wird daran erinnert, dass die Produktion, die Kontrolle und die Kennzeichnung der Produkte des ökologischen Landbaus sowie das Überwachungssystem, das die Mitgliedstaaten für diese Stellen einrichten müssen, in der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über den ökologischen Landbau geregelt sind.
Die EU-Kommission wird darüber hinaus eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Österreich richten, welche seine Vorschriften über die regelmäßige Kontrolle von Druckgeräten, beispielsweise von Kesseln, betrifft.
Nach diesen Bestimmungen können nur in Österreich niedergelassene Einrichtungen eine Zulassung für diese Kontrolltätigkeit erhalten. Darüber hinaus dürfen die Eigentümer der Geräte - unabhängig davon, ob es sich um Privatpersonen oder gewerbliche Nutzer handelt - die Kontrollstellen erst nach Genehmigung der Verwaltung wechseln. Diese wird nur erteilt, wenn die bisherige Kontrollstelle Prüftermine nicht eingehalten oder die Kontrollen nachlässig durchgeführt hat. Diese beiden Bestimmungen verhindern jegliche Erbringung von Dienstleistungen durch Einrichtungen, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind. Sie kommen einer Verweigerung des im Vertrag verankerten Rechts, Dienstleistungen über Grenzen hinweg zu erbringen, gleich.
Aktuelle Informationen über alle gegen die Mitgliedstaaten anhängigen Vertragsverletzungsverfahren finden Sie bei Interesse unter der Adresse europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/droit_com/index_en.htm im Internet.