EuGH: Hörzeichen ist unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eintragungsfähig
Mit Urteil vom 27. November 2003 (Rechtssache C 283/01 - Shield Mark BV/Joost Kist h. o. d. n. MEMEX) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein Hörzeichen unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eintragungsfähig ist.
Gemäß einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 1988 muss ein Hörzeichen, um als Marke eintragungsfähig zu sein, geeignet sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Außerdem muss es Gegenstand einer grafischen Darstellung sein können, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Ein Notensystem mit Notenschlüssel und Noten erfüllt diese Voraussetzungen.
Zum Hintergrund: "Shield Mark BV" ist ein Beratungsunternehmen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums mit Sitz in den Niederlanden. Sie hatte beim Benelux-Markenamt mehrere Erkennungsmelodien als Hörmarken eintragen lassen.
Einige dieser Marken bestehen aus einem Notensystem mit den ersten neun Noten des Musikstücks "Für Elise", andere aus der Notenfolge e, dis, e, dis, e, h, d, c usw. Weitere Marken bestehen aus der Bezeichnung "Kukelekuuuuu" (einem lautmalerischem Wort, mit dem in der niederländischen Sprache das Krähen eines Hahnes nachgeahmt wird), usw.
Joost Kist ist rechtsberatend auf dem Gebiet der Kommunikation tätig und hatte die Melodie "Für Elise" und das Krähen eines Hahnes bei einer Werbekampagne im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit verwendet. Shield Mark hatte daraufhin bei den niederländischen Gerichten wegen Markenverletzung und unlauteren Wettbewerbs Klage gegen Joost Kist erhoben.
Der letztinstanzlich mit der Rechtssache befasste "Hoge Raad der Nederlanden" (höchstes Gericht in den Niederlanden), legte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob nach der Marken-Gemeinschaftsrichtlinie die Eintragung von Hörzeichen zulässig ist.
Der Europäische Gerichtshof vertritt die Auffassung, dass die Aufzählung der markenfähigen Zeichen in Art. 2 der Richtlinie nicht abschließend ist. Die Richtlinie schließt demnach Zeichen, welche als solche nicht visuell wahrnehmbar sind - etwa Klänge - nicht ausdrücklich aus. Allerdings müssen Hörzeichen für die Eintragung als Marke gewisse Voraussetzungen erfüllen:
Zunächst müssen sie geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Außerdem müssen sie Gegenstand einer grafischen Darstellung, insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen, sein können, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.
Laut Auffassung des EuGH sind diese Voraussetzungen bei einer grafischen Darstellung des Hörzeichens, die sich auf den Hinweis beschränkt, dass das Zeichen aus den Noten eines bekannten musikalischen Werks besteht, ebenso wenig erfüllt wie bei einer einfachen Notenfolge ohne weitere Erläuterungen oder bei einer grafischen Darstellung in Form eines lautmalerischen Zeichens. In diesen Fällen fehlen der grafischen Darstellung jedenfalls Eindeutigkeit und Klarheit.
Dagegen sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, wenn die grafische Darstellung des Hörzeichens durch ein in Takte unterteiltes Notensystem mit einem Notenschlüssel, Noten und anderen in der Musik verwendeten Zeichen erfolgt. Die Gesamtheit dieser Zeichen stellt eine getreue Darstellung der Tonfolge dar, aus der die zur Eintragung angemeldete Melodie besteht.