OGH: Zur Abgabestelle nach § 2 Z 4 ZustG
Eine fallweise Benützung der Wohnung reicht nicht aus; wird die Wohnung überhaupt aufgegeben, fehlt jeder Bezugspunkt für eine Zustellung; keine Abgabestelle liegt vor, wenn sich der Empfänger nur häufig zu Besuch aufhält
§ 2 ZustG, § 16 ZustG, § 17 ZustG
GZ 7 Ob 7/11x, 11.05.2011
OGH: § 16 ZustG regelt die Ersatzzustellung, wenn zwar nicht der Empfänger, aber ein Ersatzempfänger an der Abgabestelle in dem Fall anwesend ist, dass der Empfänger zwar beim Zustellversuch nicht anwesend, aber grundsätzlich ortsanwesend (vgl § 16 Abs 5 ZustG) ist. Voraussetzung für die Ersatzzustellung wie für die Hinterlegung ist aber - im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Erstgerichts -, dass es sich bei der Zustelladresse (§ 2 Z 3 ZustG) überhaupt um eine Abgabestelle nach § 2 Z 4 ZustG handelt.
Unter der Wohnung einer Person ist die Räumlichkeit zu verstehen, die der Empfänger tatsächlich benützt und wo er gewöhnlich nächtigt und sich aufhält. Dem Ort der meldebehördlichen Meldung kommt bei Bestimmung der Abgabestelle keine Bedeutung zu. Demgemäß stellt das ZustG beim Begriff „Wohnung“ einerseits auf eine einigermaßen feste Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthaltsort und andererseits auch auf eine gewisse Dauer des Nutzungsverhältnisses ab. Eine fallweise Benützung der Wohnung reicht nicht aus. Wird die Wohnung überhaupt aufgegeben, fehlt jeder Bezugspunkt für eine Zustellung. Keine Abgabestelle liegt vor, wenn sich der Empfänger nur häufig zu Besuch aufhält.
Ausgehend von dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt wohnte der Vater nach seiner Übersiedlung im März nur mehr in S. Er hat damit seine frühere Abgabestelle in W aufgegeben. Dass sich der Beklagte an der früheren Abgabestelle „regelmäßig“ an Wochenenden zu Besuch aufhält, ändert daran nichts. Durch Besuche allein wird keine Abgabestelle begründet. Da die Ersatzzustellung nach § 16 ZustG nicht an einer Abgabestelle des Vaters erfolgte und damit auch nicht an einen Mitbewohner, war sie nicht wirksam. Eine Heilung des Mangels trat erst dadurch ein, dass die Sendung dem Vater tatsächlich zukam (§ 7 Abs 1 ZustG).