OGH: Zum Schiedsgutachtervertrag
Das Schiedsgutachten unterliegt grundsätzlich nur dann einer nachprüfenden richterlichen Kontrolle, wenn die vom Schiedsgutachter vorgenommene Leistungsbestimmung gegen § 879 ABGB verstößt, offenbar unbillig ist oder der zur Gestaltung berufene Dritte die ihm durch den Vertrag selbst gezogenen Grenzen eindeutig überschritten hat; offenbar unbillig ist das Ergebnis des feststellenden Schiedsgutachtens dann, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben in gröbster Weise verletzt werden oder die Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens einem sachkundigen und unbefangenen Beurteiler sofort erkennbar ist
§§ 577 ff ZPO
GZ 9 Ob 42/10g, 27.04.2011
OGH: Das Ergebnis eines Schiedsgutachtens ist grundsätzlich für die Parteien und das Gericht materiell-rechtlich bindend. Diese Rechtsfolge entspricht dem Zweck des Schiedsgutachtens, einem zeit- und kostenintensiven Rechtsstreit vorzubeugen. Daher soll das Schiedsgutachten einerseits auch nicht jeder beliebigen Anfechtung ausgesetzt sein, andererseits aber auch keine absolute Gültigkeit haben. Nach hRsp unterliegt sowohl die rechtsgeschäftliche Preisfestsetzung iSd § 1056 ABGB, einerlei ob durch einen Dritten oder einen der Vertragspartner selbst, als auch das Schiedsgutachten grundsätzlich nur dann einer nachprüfenden richterlichen Kontrolle, wenn die vom Schiedsgutachter vorgenommene Leistungsbestimmung gegen § 879 ABGB verstößt, offenbar unbillig ist oder der zur Gestaltung berufene Dritte die ihm durch den Vertrag selbst gezogenen Grenzen eindeutig überschritten hat. Offenbar unbillig ist das Ergebnis des feststellenden Schiedsgutachtens dann, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben in gröbster Weise verletzt werden oder die Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens einem sachkundigen und unbefangenen Beurteiler sofort erkennbar ist. Ein unrichtiges Gutachten, mag es nun von anfechtbaren Unterlagen ausgegangen sein, falsche Methoden angewandt haben oder auch Rechenfehler enthalten, ist damit noch nicht offenbar unbillig, sondern das Ergebnis des Gutachtens muss augenscheinlich unrichtig sein. Nicht jede objektive, sondern nur eine qualifizierte Unrichtigkeit beraubt demnach das Schiedsgutachten seiner bindenden Wirkung. Die Schiedsgutachterabrede kann auf die Feststellungen von Tatsachen, Tatbestandselementen oder aber auch auf die Ergänzung des Parteiwillens gerichtet sein. Der konkrete Umfang des Auftrags ist aufgrund der Parteieneinigung im Einzelfall zu ermitteln.
Schiedsgutachter entscheiden nicht, was zwischen den Parteien rechtens ist, sondern sollen nur die Grundlage für eine solche Entscheidung oder eine Streitbereinigung schaffen. Da, wie von der Klägerin zutreffend aufgezeigt, der Schiedsgutachter diese Befugnis überschritten hat, indem er eine ergänzende Vertragsauslegung vornahm, kann hier sein Gutachten nicht die sonst einem Schiedsgutachten zukommende verbindliche Wirkung zwischen den Streitteilen entfalten. Vielmehr hat daher, wie vom Erstgericht grundsätzlich zutreffend erkannt, die Auslegung des Vertrags durch das Gericht stattzufinden.