OGH: Zur Reichweite der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG (iZm mündlicher Erhöhungsvereinbarung)
Eine - entgegen § 16 Abs 1 Z 5 MRG - bloß mündlich und nicht schriftlich abgeschlossene Mietzinsvereinbarung ist unwirksam und bedarf daher nicht nur keiner Anfechtung nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG, sondern ist mangels Wirksamkeit einer solchen fristgebundenen Anfechtung gar nicht zugänglich
§ 16 MRG
GZ 5 Ob 166/10p, 08.03.2011
OGH: Nach § 16 Abs 8 MRG sind Mietzinsvereinbarungen insoweit unwirksam, als der vereinbarte Hauptmietzins den nach Abs 1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreitet (Satz 1). Die Unwirksamkeit ist binnen drei Jahren gerichtlich (bei der Gemeinde, § 39 MRG) geltend zu machen (Satz 2). Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Mietzinsvereinbarung.
Mit der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG verfolgte der Gesetzgeber des 3. WÄG den Zweck, Beweisproblemen auszuweichen, die sich bei einer Mietzinsüberprüfung lange nach Abschluss der Mietzinsvereinbarung, namentlich wegen der Maßgeblichkeit der „Urkategorie“ und der sonstigen Umstände im möglicherweise schon Jahrzehnte zurückliegenden Vereinbarungszeitpunkt stellen. Das Erfordernis, die Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung binnen drei Jahren geltend machen zu müssen, bedeutet im Grunde die Sanierung teilnichtiger, das erlaubte Zinsausmaß überschreitender Mietzinsvereinbarungen durch Fristablauf.
Nicht sämtliche rechtsgeschäftlichen Mängel einer Mietzinsvereinbarung unterliegen der Präklusionsregelung und sind dann nach Fristablauf saniert. Damit die Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG überhaupt zur Anwendung kommen kann, muss jedenfalls eine Mietzinsvereinbarung vorliegen, die zwar einerseits als rechtsgeschäftliche Einigung grundsätzlich wirksam ist, aber andererseits - der Höhe nach - bestimmten gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften widerspricht und deshalb - ohne Sanierung - insoweit teilnichtig sein soll. Unter diesem Gesichtspunkt ist nun Sinn und Zweck des Schriftformgebots des § 16 Abs 1 Z 5 MRG in die Betrachtung miteinzubeziehen:
Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt nach § 886 ABGB nur dann zustande, wenn beide Parteien den Vertrag unterzeichnet haben. Schriftlichkeit liegt also nur dann vor, wenn der Text der Erklärung auch mit der eigenhändigen Unterschrift des jeweils Erklärenden versehen ist. Die Rsp hat die Maßgeblichkeit des § 886 ABGB auch bereits in jenen Fällen bejaht, in denen das M(R)G die Schriftform verlangt. Zu § 16 Abs 1 Z 5 MRG wurde bereits judiziert, dass das Schriftformerfordernis vorrangig dem Übereilungsschutz des Mieters, aber auch der Beweissicherung dient. Unter diesem Aspekt besteht daher kein Anlass, vom Formgebot und der Wirkung seiner Nichteinhaltung, nämlich der Unwirksamkeit der Vereinbarung, Abstriche zu machen. Das führt im vorliegenden Zusammenhang dazu, dass eine - entgegen § 16 Abs 1 Z 5 MRG - bloß mündlich und nicht schriftlich abgeschlossene Mietzinsvereinbarung unwirksam ist und daher nicht nur keiner Anfechtung nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG bedarf, sondern mangels Wirksamkeit einer solchen fristgebundenen Anfechtung gar nicht zugänglich ist.
Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht der Zweck der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG, nämlich die Vermeidung der näher dargestellten Beweisprobleme, weil ja in den Fällen des § 16 Abs 1 Z 5 MRG ohnehin schon eine - ihrerseits gesondert nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG zu beurteilende - Mietzinsvereinbarung besteht, die dann mangels Wirksamkeit der (nicht schriftlichen) Erhöhungsvereinbarung weiter gilt.
Die Notwendigkeit der Beurteilung der Wirksamkeit der bloß mündlichen Mietzinsvereinbarung ist eine im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren vorzunehmende Vorfragenbeurteilung, die nicht die Unzulässigkeit des Rechtswegs begründet.