OGH: Zur Anscheinsvollmacht gem § 1029 ABGB (hier: iZm Ratenkaufverträgen)
Die bloße Betrauung einer Mitarbeiterin einer der klagenden Partei wirtschaftlich nahestehenden Bank mit der Vermittlung von Ratenkaufverträgen ist noch kein ausreichender Zurechnungsgrund dafür, bei Dritten einen dem Verkäufer zurechenbaren Anschein dahin zu erwecken, die bloß als Vermittlerin tätig gewordene Mitarbeiterin sei berechtigt, namens des Verkäufers Vertragsbedingungen auszuhandeln, die auch dann gelten sollen, wenn sie in den schriftlichen Verträgen keinen Niederschlag finden
§ 1029 ABGB
GZ 10 Ob 37/11f, 31.05.2011
Der Rechtsmittelwerber macht in den Ausführungen zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels inhaltlich geltend, die Erklärungen der Bankangestellten R seien entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Rahmen einer „Anscheinsvollmacht“ der klagenden Partei zuzurechnen.
OGH: Unabdingbare Voraussetzungen für das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht sind das Vorliegen eines Vertrauenstatbestands, die zurechenbare Verursachung dieses Anscheins durch denjenigen, in dessen Namen gehandelt wurde und das gutgläubige Vertrauen auf den Anschein durch den Dritten.
Diese Rechtslage hat das Berufungsgericht zutreffend dargestellt. Ob eine Anscheinsvollmacht anzunehmen ist oder nicht, kann regelmäßig nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden.
Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zeigt der Revisionswerber im hier konkret zu beurteilenden Fall nicht auf. Die Vorinstanzen haben ausdrücklich festgestellt, dass die Bankangestellte R weder Verhandlungs- noch Abschlussvollmacht von der klagenden Partei hatte. Ihre Aufgabe bestand lediglich darin, das Geschäft anzubahnen, wechselseitig Unterlagen zu überbringen und die vorbereiteten Vertragsurkunden zu erläutern und zur Unterschrift vorzulegen. Weiters war dem Beklagten seit längerem bekannt, dass es sich bei R um eine Angestellte der Bank und nicht um eine Angestellte der klagenden Partei handelte.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass hier von der klagenden Partei kein äußerer Tatbestand geschaffen wurde, aus dem der Beklagte ableiten konnte, dass R bevollmächtigt gewesen wäre, für die klagende Partei rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, hält sich im Rahmen der Rsp des OGH in vergleichbaren Fällen. Die bloße Betrauung einer Mitarbeiterin einer der klagenden Partei wirtschaftlich nahestehenden Bank mit der Vermittlung von Ratenkaufverträgen ist auch iSd Rsp des OGH noch kein ausreichender Zurechnungsgrund dafür, bei Dritten einen dem Verkäufer zurechenbaren Anschein dahin zu erwecken, die bloß als Vermittlerin tätig gewordene Mitarbeiterin sei berechtigt, namens des Verkäufers Vertragsbedingungen auszuhandeln, die auch dann gelten sollen, wenn sie in den schriftlichen Verträgen keinen Niederschlag finden. Daran vermag auch der Umstand, dass die Vermittlerin für den Beklagten die einzige Ansprechpartnerin der klagenden Partei in diesem Geschäftsfall war, nichts zu ändern. In der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die klagende Partei müsse die von der Bankangestellten R für den Fall des Konkurses des Käufers zugesagte Möglichkeit einer Vertragsübernahme durch den Beklagten nicht gegen sich gelten lassen, kann daher keine vom OGH im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.