OGH: Verlassenschaftskurator und gewöhnliche Verwaltungsmaßnahmen
Der Verlassenschafts- und Separationskurator ist - auch ohne gerichtliche Genehmigung - zu den gewöhnlichen Verwaltungsmaßnahmen berechtigt; gehören zu einer Verlassenschaft auch Gesellschaftsanteile, so zählt die Ausübung des Stimmrechts in der Regel zu den gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen
§§ 143 ff AußStrG, § 5 AußStrG, §§ 268 ff ABGB
GZ 6 Ob 99/11v, 16.06.2011
OGH: Zu Unrecht steht die klagende Partei auf dem Standpunkt, der Verlassenschaftskurator hätte für die Ausübung seines Stimmrechts eine gerichtliche Genehmigung benötigt. Der Verlassenschafts- und Separationskurator ist - auch ohne gerichtliche Genehmigung - zu den gewöhnlichen Verwaltungsmaßnahmen berechtigt. Gehören zu einer Verlassenschaft auch Gesellschaftsanteile, so zählt die Ausübung des Stimmrechts in der Regel zu den gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen. Maßstab für die Frage, ob ein Geschäft zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört und daher keiner verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, sind die mit der Ausübung des Stimmrechts für die Verlassenschaft drohende Risken sowie die Dauer und der Umfang der für die Verlassenschaft daraus entstehenden Verpflichtungen.
Mit einer derartigen Maßnahme, die im vorliegenden Fall hinsichtlich der Bestellung eines Geschäftsführers nach Abberufung der klagenden Partei schon notwendig war, um einen geschäftsführerlosen, § 15 Abs 1 GmbHG widersprechenden Zustand zu vermeiden, waren für die Verlassenschaft keine besonderen Risken oder Verpflichtungen verbunden, die eine gerichtliche Genehmigung erfordern würden. Die Entscheidung 8 Ob 501/93 betrifft satzungsändernde Beschlüsse. In dieser Entscheidung wurde ein gerichtliches Genehmigungserfordernis für die Stimmausübung durch einen Verlassenschaftskurator mit der Begründung bejaht, dass die Änderung des Gesellschaftsvertrags typischerweise keine bloße Verwaltungshandlung eines Kurators sei, den Erben sollte die Beteiligung an der Gesellschaft grundsätzlich in der rechtlichen Gestaltung erhalten bleiben, wie sie der Erblasser besessen hatte und diese sollten selbst den künftigen Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelungen bestimmen. Auf die Bestellung eines Geschäftsführers für eine nach Abberufung der früheren Geschäftsführerin geschäftsführerlose GmbH treffen diese Erwägungen aber nicht zu.