VwGH: Ausnahme von der Genehmigungspflicht für Behandlungsanlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen gem § 37 Abs 2 Z 1 AWG
Ausführungen zum Ausnahmetatbestand des § 37 Abs 2 Z 1 AWG
§ 37 Abs 2 Z 1 AWG
GZ 2010/07/0021, 28.04.2011
Der Bf macht geltend, dass für die verfahrensgegenständliche Anlage keine Genehmigungspflicht nach § 37 AWG bestehe. Die Anlage falle unter den Ausnahmetatbestand des § 37 Abs 2 Z 1 AWG, da es sich um eine Behandlungsanlage zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen handle. Der Bf erzeuge ganz bestimmte Fraktionen von Gräderersatzmaterial, Drainagematerial und Straßenunterbaumaterial sowie Material, das mit Humus vermischt zur Dachbegrünung, als Tennisplatzsand sowie als Baumaterial (Holzblockziegelerzeugung) verwendet werde. Das aus Bauschutt hergestellte Material eigne sich unmittelbar für die Verwendung als Baustoff und erfülle die hierfür geltenden einschlägigen Qualitätsanforderungen. Die hergestellten Materialien würden verkauft. Bei den vom Bf hergestellten Produkten handle es sich um Baustoffe, von denen "keine schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen" ausgingen. Die belangte Behörde habe sich zu Unrecht nicht mit dem Vorliegen einer stofflichen Verwertung und dem anwendbaren Ausnahmetatbestand des § 37 Abs 2 Z 1 AWG auseinandergesetzt.
VwGH: Nach § 37 Abs 2 Z 1 AWG bedarf eine Behandlungsanlage dann keiner Bewilligung nach dem AWG, wenn es sich um eine Anlage zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen handelt, sofern sie der Genehmigungspflicht nach den §§ 74 ff GewO unterliegt. Das AWG enthält in § 2 Abs 5 Z 2 eine Legaldefinition der "stofflichen Verwertung" und versteht darunter die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärstoffen erzeugten Rohstoffen zu verwenden. Nach § 5 Abs 1 AWG endet die Abfalleigenschaft der im Rahmen einer stofflichen Verwertung gewonnenen Stoffe, sobald sie als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärstoffen erzeugten Produkten verwendet werden.
Bereits aus der Niederschrift des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 22, vom 20. Februar 2009 ergibt sich, dass der Bf eine Baurestmassenaufbereitungsanlage betreibt, in welcher nicht gefährliche Abfälle, nämlich Baurestmassen, zerkleinert würden und am Ende der Behandlung in dieser Anlage sofort ein "marktfähiger Stoff" entstehe. Weiters sagte die von der belangten Behörde in der Berufungsverhandlung als Zeugin einvernommene abfalltechnische Amtssachverständige der MA 22 aus, dass die angelieferten Baurestmassen maschinell zerkleinert und wieder - etwa im Straßenbau - weiter verwendet würden; aus den zerkleinerten Baurestmassen würden auch Sand für Tennisplätze und Material für Künettenverfüllungen erzeugt.
Die belangte Behörde hätte dies zum Anlass nehmen müssen, sich mit dem Ausnahmetatbestand des § 37 Abs 2 Z 1 AWG auseinanderzusetzen.
Das "Beweisverfahren" habe - nach den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides - ergeben, dass für die Errichtung und den Betrieb der beschwerdegegenständlichen Abfallbehandlungsanlage eine "eigenständige Abfallanlagenbewilligung" erforderlich sei.
Mit diesen Ausführungen wird nicht näher dargelegt, welche Ergebnisse des Beweisverfahrens die belangte Behörde damit meint. Sollte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang - auf Grund der wörtlichen Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides in ihrem angefochtenen Bescheid - der Ansicht des LH folgen, wonach es sich bei der Behandlung von Baurestmassen "nach heutiger herrschender Rechtsmeinung" um eine nach dem Regime des AWG genehmigungspflichtige Abfallbehandlung handle, zumal hier keine "ausschließliche stoffliche Verwertung" stattfinde, so fehlt auch dafür eine - im Hinblick auf § 37 Abs 2 Z 1 iVm § 2 Abs 5 Z 2 AWG erforderliche - nähere Begründung.