04.10.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Gleichbehandlungswidrigkeit iSd § 3 GlBG iZm einvernehmlicher Beendigung eines Arbeitsverhältnisses?

Das Verhalten eines Arbeitgebers anlässlich einer einvernehmlichen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann nur dann gleichbehandlungswidrig sein, wenn es Ausdruck einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eines Arbeitnehmers ist


Schlagworte: Gleichbehandlungsrecht, Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Gesetze:

§ 3 GlBG

GZ 9 ObA 63/11x, 29.08.2011

 

OGH: In Auslegung zu Art 3 Abs 1 lit c RL 76/207/EG hat der EuGH im Anschluss an das Urteil vom 26. 2. 1986, Rs 152/84 Marshall I, Slg 1986, 723, mit Urteil vom 18. 11. 2010, Rs C-356/09 Kleist, erkannt, dass eine nationale Regelung, die einem Arbeitgeber erlaubt, zur Förderung des Zugangs jüngerer Menschen zur Beschäftigung Arbeitnehmer zu kündigen, die einen Anspruch auf Alterspension erworben haben, eine von dieser Richtlinie verbotene unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt, wenn Frauen diesen Anspruch in einem Alter erwerben, das fünf Jahre niedriger ist als das Alter, in dem der Anspruch für Männer entsteht.

 

In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Ausgangsverfahren hat der OGH in der Entscheidung vom 28. 2. 2011, 9 ObA 124/10s, zur Umsetzungsbestimmung des § 3 Z 7 GlBG ausgeführt, dass der Begriff der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ weder eine Beschränkung auf eine bestimmte Art des Arbeitsverhältnisses noch auf eine bestimmte Art der Beendigung enthalte. Er sei daher nicht zuletzt auch im Hinblick auf die weite Formulierung des Diskriminierungsverbots, das sich gegen jede benachteiligende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts richtet, weit zu verstehen. Es wurde daran erinnert, dass auch das Erfordernis des „Zusammenhangs“ nicht zu eng gesehen werden dürfe, um den Zweck des Gesetzes, Diskriminierungen hintanzuhalten, zu erreichen. Diese Sicht gelte auch für den Zusammenhang mit dem Geschlecht. Der Zusammenhang mit dem Geschlecht sei nach der Rsp des EuGH auch bei einer allgemeinen Entlassungspolitik, wonach eine Arbeitnehmerin nur aus dem Grund „entlassen“ werde, weil sie das Alter erreicht oder überschritten habe, in dem sie Anspruch auf eine Altersrente erwerbe und das nach den nationalen Rechtsvorschriften für Männer und Frauen unterschiedlich sei, anzunehmen.

 

In der Literatur wird diese Rsp zu einem weiten Verständnis der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ und des „Zusammenhangs mit einem Arbeitsverhältnis“ gebilligt.

 

Ungeachtet der Frage nach der Zuordnung einer Rechtsfolge bei geschlechterdiskriminierendem Verhalten (§ 12 GlBG) ist danach auch eine einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nicht schon als solche von der Anwendung des Gleichbehandlungsgebots ausgenommen.

 

Allerdings kann das Verhalten eines Arbeitgebers anlässlich einer einvernehmlichen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nur dann gleichbehandlungswidrig sein, wenn es Ausdruck einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eines Arbeitnehmers ist. In diesem Sinn führen Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG, § 3 Rz 139 aus, dass auch die einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses vom/von der Arbeitgeber(in) geschlechtsdiskriminierend gehandhabt werden kann, wenn sie zB nur Frauen angeboten oder aufgedrängt wird.

 

Die Vorgehensweise des Beklagten lässt eine solche Geschlechterdiskriminierung jedoch nicht erkennen, weil er sich sowohl an männliche als auch an weibliche Mitarbeiter wandte und in der Folge auch männliche Mitarbeiter zwischen dem 60. und dem 62. Lebensjahr in Pension gingen. Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass der Beklagte seine Einsparungspolitik auf Frauen ausgerichtet hätte oder diese auch nur so beschaffen war, dass sie vorrangig Frauen betroffen hätte. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Fall der mangelnden Einigung das Arbeitsverhältnis der Klägerin einseitig beendet hätte (wobei er von der Klägerin selbst auf die Problematik der Sozialwidrigkeit einer Kündigung hingewiesen wurde). Eine geschlechtsspezifische Diskriminierung der Klägerin anlässlich der - lange ausverhandelten - einvernehmlichen Auflösung ihres Dienstverhältnisses ist danach nicht ersichtlich.