08.11.2011 Zivilrecht

OGH: Verletzung der Schadensminderungspflicht gem § 1304 ABGB

Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegt ua dann vor, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, obwohl sie - objektiv betrachtet - von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten; was dem Geschädigten dabei zuzumuten ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Schadensminderungspflicht, Zumutbarkeit
Gesetze:

§ 1304 ABGB

GZ 2 Ob 144/11g, 30.08.2011

 

OGH: Aus § 1304 ABGB ergibt sich die Verpflichtung des Geschädigten, den eingetretenen Schaden möglichst gering zu halten, wenn und soweit ihm ein entsprechendes Verhalten möglich und zumutbar ist. Nur eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht kann zur Kürzung der Ansprüche des Geschädigten führen. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegt ua dann vor, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, obwohl sie - objektiv betrachtet - von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten. Was dem Geschädigten dabei zuzumuten ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Bei der Schadensberechnung ist zu berücksichtigen, dass sich die Verletzung der Schadensminderungspflicht im Regelfall nicht in einer quotenmäßigen Schadensteilung niederschlägt; der Geschädigte hat vielmehr die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen.

 

Verweigert der an seinem Körper Verletzte eine ihm zumutbare Heilbehandlung, durch die seine Beschwerden verbessert werden könnten, verstößt er gegen die Schadensminderungspflicht, sodass er die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen hat.

 

Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin vom Beklagten und von Seiten des Krankenhauses auf die Wichtigkeit der verordneten Ergotherapie für den Behandlungserfolg ausdrücklich hingewiesen. Die Klägerin hat die ergotherapeutische Behandlung jedoch mit der Begründung abgelehnt, sie habe niemanden, der ihren Hund betreuen könne. Hätte sie diese Behandlung durchgeführt, wäre innerhalb eines Zeitraums von wenigen Monaten eine Besserung ihrer Beschwerden „um die Hälfte“ eingetreten.

 

Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist den Vorinstanzen keine durch den OGH zu korrigierende, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründende Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn sie (im Ergebnis) von einer schuldhaften Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin ausgegangen sind und diese mit den nachteiligen Folgen ihrer Weigerung belasteten. Weiterführende Fragen der ärztlichen Aufklärungspflicht stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.