08.11.2011 Zivilrecht

OGH: Zur Verpflichtung des Kraftfahrers die Fahrbahn zu beobachten

Die Verpflichtung, die vor dem Kraftfahrer liegende Fahrbahn in ihrer ganzen Breite einschließlich der beiden Fahrbahnränder zu beobachten, gilt auch vor dem Losfahren mit einem verkehrsbedingt angehaltenen Kraftfahrzeug; dazu gehört, dass in der Bauart des Kraftfahrzeugs gelegenen Sichteinschränkungen nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrer, Beobachtungspflicht, Fahrbahn, Losfahren, Sichteinschränkungen
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 20 Abs 1 StVO, § 76 Abs 4 StVO

GZ 2 Ob 167/11i, 29.09.2011

 

OGH: Nach stRsp des OGH ist ein Kraftfahrer verpflichtet, während der Fahrt die vor ihm liegende Fahrbahn in ihrer ganzen Breite einschließlich der beiden Fahrbahnränder zu beobachten. Diese Verpflichtung gilt auch vor dem Losfahren mit einem verkehrsbedingt angehaltenen Kraftfahrzeug. Dazu gehört, dass in der Bauart des Kraftfahrzeugs gelegenen Sichteinschränkungen nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist. Ob dieser Verpflichtung im Einzelfall entsprochen wurde, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.

 

Im vorliegenden Fall hätte der den Querverkehr abwartende Erstbeklagte die vor ihm stehende Radfahrerin sehen können, wenn er sich nur leicht nach vor geneigt hätte, was er aber unterließ. Bedenkt man, dass sich der von ihm gelenkte Lkw vor dem Losfahren eine Zeitspanne von 19 sek  (im Bereich eines Schutzwegs) im Stillstand befand, während der der Erstbeklagte sein Augenmerk auf den Querverkehr zu richten hatte, hält sich der mit einem Aufmerksamkeitsmangel begründete Verschuldensvorwurf der Vorinstanzen im Rahmen des ihnen zukommenden Beurteilungsspielraums.