VwGH: Präklusion gem § 42 Abs 1 AVG – Pflicht zur persönlichen Verständigung bekannter Beteiligter?
Eine persönliche Verständigung aller der Behörde bekannt gewordenen Beteiligter ist nicht (mehr) Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge gem § 42 Abs 1 AVG
§ 41 AVG, § 42 AVG, § 8 AVG
GZ 2010/06/0131, 09.11.2011
VwGH: Aus den im vorliegenden Bauverfahren anzuwendenden Bestimmungen, § 41 Abs 1 und § 42 Abs 1 und Abs 2 AVG, folgt, dass der Nachbar seine Stellung als Partei in diesem Verwaltungsverfahren verliert, wenn er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt, vorausgesetzt, die Verhandlung wurde in einer Art und Weise kundgemacht, die sowohl den Vorschriften des § 41 Abs 1 zweiter Satz AVG (Anschlag in der Gemeinde oder Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung) als auch einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Kundmachung oder einer sonstigen geeigneten Kundmachung entspricht.
Die Präklusionsregelung in § 42 Abs 1 AVG stellt nicht auf die in § 41 Abs 1 erster Satz AVG vorgesehene persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten des Verwaltungsverfahrens ab. Diese Bestimmung normiert als Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge nämlich nicht, dass die Bestimmungen des § 41 Abs 1 AVG eingehalten wurden, sondern dass die mündliche Verhandlung gem § 41 Abs 1 zweiter Satz AVG (und in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form oder in anderer geeigneter Form) kundgemacht wurde. Ist dies der Fall, dann betrifft die Präklusionswirkung (Verlust der Parteistellung) auch jene Personen, die als "bekannte Beteiligte" von der Behörde persönlich zu laden gewesen wären. Eine persönliche Verständigung aller der Behörde bekannt gewordenen Nachbarn ist danach somit nicht Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge gem § 42 Abs 1 AVG.