OGH: Auflösung des Bestandvertrags nach § 1118 zweiter Fall ABGB
Erfolgt die Einmahnung iSd § 1118 ABGB erst durch die Klagszustellung und ist das Räumungsbegehren in diesem Zeitpunkt daher noch nicht berechtigt, so können Zinsrückstände das Räumungsbegehren nur dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens qualifiziert iSd § 1118 zweiter Fall ABGB waren und der Bestandnehmer nach der Mahnung mit der rückständigen Zinsschuld für eine vorangegangene Periode länger als bis zum nächsten Zinstermin in Rückstand geblieben ist; die Zahlung des eingemahnten Rückstands am folgenden Fälligkeitstag schadet nicht
§ 1118 ABGB
GZ 8 Ob 92/11d, 22.11.2011
OGH: Nach § 1118 zweiter Fall ABGB kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrags fordern, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. LuRsp verstehen diese Bestimmung dahin, dass der Aufhebungsgrund gegeben ist, wenn der Bestandnehmer trotz erfolgter Mahnung bis zum nächsten (auf die Mahnung folgenden) Zinstermin in Rückstand bleibt, sodass eine neuerliche Zinszahlung fällig geworden ist, bevor die eingemahnte vollständig entrichtet wurde. Es muss somit bei Beginn der folgenden Zinsperiode bzw zum nächsten Zinszahlungstermin nach der Mahnung noch ein zumindest teilweiser Rückstand aus der früheren, eingemahnten Zinsperiode bestehen. Da für die fristgerechte Zahlung des Mietzinses der gesamte Fälligkeitstag (Tag der gehörigen Mietzinszahlung) zur Verfügung steht, schadet die Zahlung des eingemahnten Rückstands am folgenden Fälligkeitstag nicht. Wirksam eingemahnt kann überdies nur ein Mietzins werden, der bereits fällig ist.
Nach der Rsp ist in der Zustellung einer Räumungsklage (jedenfalls) auch eine Einmahnung iSd § 1118 ABGB zu erblicken, sofern darin die Mietzinsschuld hinreichend konkretisiert ist. Im Fall einer Mahnung durch die Klagszustellung oder die Behauptung weiterer Zinsrückstände während des Verfahrens wird in der Fortführung des Räumungsprozesses nach dem Entstehen eines qualifizierten Zinsrückstands der konkludente Ausspruch einer Aufhebungserklärung gesehen. Ist das Räumungsbegehren im Zeitpunkt der Klagszustellung nicht berechtigt, so können Zinsrückstände das Räumungsbegehren nur dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens qualifiziert iSd § 1118 zweiter Fall ABGB waren. Das Räumungsbegehren ist in diesem Fall nur dann berechtigt, wenn der qualifizierte Rückstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung (oder der diese ersetzenden Fortführung des Räumungsprozesses) noch bestanden hat.