OGH: Zu den Erfordernissen einer konkludenten Zustimmung zur Verlesung / zum Vortrag gem § 252 StPO
Das widerspruchslose Hinnehmen einer Verlesung allein reicht selbst bei einem anwaltlich vertretenen Angeklagten idR nicht aus
§ 252 StPO
GZ 11 Os 120/11y, 06.10.2011
OGH: Abs 2a des § 252 StPO setzt für den Vortrag des erheblichen Inhalts ansonsten vorzulesender oder vorzuführender Aktenstücke durch den Vorsitzenden die Zustimmung der Beteiligten des Verfahrens voraus.
Nach mittlerweile gefestigter Rsp reicht das widerspruchslose Hinnehmen einer nach § 252 Abs 1 StPO an sich unzulässigen Verlesung und eines Vortrags nach § 252 Abs 2a StPO allein selbst bei einem anwaltlich vertretenen Angeklagten in der Regel nicht aus, ein stillschweigendes Einverständnis zu dieser Prozesshandlung anzunehmen. Eine konkludente Zustimmung ist zwar prinzipiell möglich, doch ist dazu erforderlich, dass über das bloße Unterbleiben eines Widerspruchs hinaus den Akten noch weitere konkrete Anhaltspunkte zu entnehmen sind, die unzweifelhaft auf das vom Gesetz geforderte Einverständnis schließen lassen.
Davon kann im Gegenstand keine Rede sein, bringt der Bf doch sogar vor, dieser Vortrag iSd § 252 Abs 2a StPO habe gar nicht stattgefunden. Er macht zutreffend geltend, dass mangels Verlesung bzw zulässigen Vortrags des Inhalts der (gem § 252 Abs 2 StPO zu verlesenden) Aktenstücke diese als nicht in der Hauptverhandlung vorgekommen (§ 258 Abs 1 StPO) im Urteil nicht hätten verwertet werden dürfen. Da die tatrichterliche Beweiswürdigung jedoch maßgeblich auf diesen Beweismitteln beruht, ist das Urteil in Punkt I. gem § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO nichtig.