13.12.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Anspruch auf Lehrlingsentschädigung gem § 17 BAG für den Zeitraum zwischen Beendigung der Gewerbeberechtigung (einen Tag nach Konkurseröffnung) und Austritt (gem § 25 IO)

Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Lehrberechtigten beendet ein Lehrverhältnis nicht ex lege, sondern der Masseverwalter wird als Fortbetriebsberechtigter nach § 41 Abs 1 GewO auch Lehrberechtigter nach § 2 BAG


Schlagworte: Berufsausbildungsrecht, Lehrlingsentschädigung, Eröffnung des Konkurses, Masseverwalter, Fortbetriebsrecht, Lehrberechtigter, Zurücklegung der Gewerbeberechtigung
Gesetze:

§ 17 BAG, § 25 IO, § 41 GewO, § 2 BAG, § 3 BAG, § 86 GewO

GZ 8 ObS 3/11s, 22.11.2011

 

Der Kläger war als Lehrling beschäftigt und erklärte am 13. 2. 2009 seinen vorzeitigen Austritt nach § 25 KO, nachdem am 4. 2. 2009 der Konkurs über das Vermögen des Dienstgebers eröffnet worden war. Einen Tag nach der Konkurseröffnung legte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin die Gewerbeberechtigung zurück. Im Verfahren ist der Anspruch des Klägers auf Lehrlingsentschädigung für den Zeitraum zwischen Beendigung der Gewerbeberechtigung und Austritt strittig.

 

OGH: Nach Eröffnung des Konkursverfahrens steht der Konkursmasse nach § 41 Abs 1 Z 4 und Abs 5 GewO das Recht zu, den Gewerbebetrieb des Gemeinschuldners fortzuführen, und zwar „auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person“.

 

Das Fortführungsrecht nach § 41 GewO beginnt mit der Eröffnung des Konkursverfahrens. Ein Verzicht des Masseverwalters wurde im Verfahren nicht behauptet. Durch die nachfolgende Anzeige des Gewerbeinhabers über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung wird aber nach § 86 Abs 3 GewO das bereits entstandene Fortführungsrecht des Masseverwalters nicht berührt.

 

Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Lehrberechtigten beendet ein Lehrverhältnis nicht ex lege, sondern der Masseverwalter wird als Fortbetriebsberechtigter nach § 41 Abs 1 GewO auch Lehrberechtigter nach § 2 BAG (§ 2 Abs 4 und § 3 Abs 1 Z 3 BAG).

 

Die für eine Ausbildung notwendigen einschlägigen Fachkenntnisse und Voraussetzungen muss der Masseverwalter nicht persönlich aufweisen, zumal er nach § 3 Abs 1 Z 3 BAG ohnedies einen geeigneten Ausbilder zu bestellen hat. Entgegen den von der Revisionswerberin geäußerten Bedenken kommt es hier auch nicht darauf an, ob der Masseverwalter tatsächlich eine zweckmäßige Ausbildung des Lehrlings gewährleisten kann. Ist das nicht der Fall oder wird der Betrieb überhaupt eingestellt, handelt es sich dabei um faktische Hindernisse, die nicht zur Beendigung des Lehrverhältnisses ex lege führen, sondern den Lehrling nur zum vorzeitigen Austritt berechtigen.

 

Die höchstgerichtliche Rsp zu den Folgen einer Entziehung der Gewerbeberechtigung ist wegen der Regelung des § 86 Abs 3 GewO für Fälle der freiwilligen Zurücklegung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht einschlägig.