28.12.2011 Sozialrecht

VwGH: Ausschluss bei Anspruch auf Alterspension – Antragstellung für die Pension als "Anspruchsvoraussetzung" iSd § 22 Abs 1 AlVG?

Die Antragstellung ist von der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen der Anwartschaft - zu unterscheiden


Schlagworte: Arbeitslosenversicherungsrecht, Ausschluss bei Anspruch auf Alterspension, Anspruchsvoraussetzung, Antragstellung
Gesetze:

§ 22 AlVG

GZ 2011/08/0167, 19.10.2011

 

Der Bf zieht die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, wonach er zum Stichtag 1. März 2011 die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllte, nicht in Zweifel, meint aber, dass in verfassungskonformer Interpretation auch die Antragstellung für die Pension als "Anspruchsvoraussetzung" iSd § 22 Abs 1 AlVG zu verstehen sei.

 

VwGH: Zunächst ist festzuhalten, dass der in § 22 Abs 1 AlVG verwendete Begriff der "Anspruchsvoraussetzungen" für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters iZm § 86 Abs 3 Z 2 ASVG zu verstehen ist, wonach Pensionen (mit Ausnahme der Hinterbliebenenpensionen) "mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (anfallen), wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einem Monat nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt wird."

 

Schon daraus wird deutlich, dass die Antragstellung von der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen der Anwartschaft - zu unterscheiden ist. Dieses Verständnis der Wendung "bzw die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllen" hat auch der VfGH seinem Erkenntnis vom 19. Juni 2001, VfSlg 16.203/2001, zugrunde gelegt, wo er § 22 Abs 1 AlVG in der - diesbezüglich gleichlautenden - Fassung BGBl Nr 502/1993 zu beurteilen hatte; demnach habe der Gesetzgeber in § 22 Abs 1 AlVG auch jene Personen vom Leistungsbezug ausgeschlossen, "welche (bloß) die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pensionsleistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllen, diese aber (zB zur Vermeidung von Abschlägen beim Steigerungsbetrag) noch nicht in Anspruch nehmen wollen."

 

Nach dem klaren Wortlaut, gestützt auch durch den systematischen Zusammenhang der Bestimmung, ist die Antragstellung für eine Pension daher nicht Teil der Ausschlussgründe iSd § 22 Abs 1 AlVG.

 

Auch dass der Ausschluss vom Leistungsbezug nicht erst beim Erreichen des Regelpensionsalters, sondern bereits ab Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer besteht, ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 AlVG, zumal dort ausdrücklich festgeschrieben ist, dass (lediglich) die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gem § 4 Abs 2 APG dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz für den Zeitraum von einem Jahr nicht entgegen steht, dies aber "längstens bis Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer".