OGH: Zugabenverbot des § 9a Abs 1 Z 2 UWG
Das gegenüber Unternehmern in § 9a Abs 1 Z 2 UWG geregelte Zugabenverbot wird durch die gegenüber Verbrauchern anzuwendenden Einschränkungen nicht berührt; im Hinblick auf die typisierende Betrachtungsweise des Gesetzgebers sind die tatsächlichen Marktverhältnisse im Einzelfall nicht zu prüfen
§ 9a UWG
GZ 4 Ob 162/11v, 22.11.2011
OGH: Das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist aufgrund richtlinienkonformer Auslegung von § 9a Abs 1 Z 1 UWG nur dann unzulässig, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Die das Verhältnis Unternehmer-Verbraucher abschließend regelnde Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (RL-UGP) erfasst das gegenüber Unternehmern geltende Zugabenverbot des § 9a Abs 1 Z 2 UWG, wonach das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren unentgeltlicher Zugaben (Prämien) generell untersagt wird, nicht. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung widerspricht das Zugabenverbot gegenüber Unternehmern der europarechtlichen Regelung unlauterer Geschäftspraktiken nicht.
Dass das im Verhältnis zu Verbrauchern normierte Zugabenverbot des § 9a Abs 1 Z 1 UWG zufolge richtlinienkonformer Auslegung auf die Fälle konkret irreführender oder aggressiver Geschäftspraktiken eingeschränkt ist, gegenüber Unternehmern nach § 9a Abs 1 Z 2 UWG jedoch allgemein gilt, begründet nach Auffassung des erkennenden Senats keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung, weshalb kein Anlass zu der von der Beklagten angeregten Anfechtung besteht.
Das Zugabenverbot nach § 9a Abs 1 Z 2 UWG soll nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere dem Schutz jener Unternehmen dienen, von denen Zugaben gefordert werden (nicht wie im Fall der Z 1 dem Verbraucher- und Mitbewerberschutz). Es richtet sich gegen (starke) Unternehmen der Marktgegenseite. Die Regelung soll es den Adressaten des Verbots ermöglichen, sich Zugabenwünschen der Marktgegenseite durch den Hinweis auf das Verbot entgegenzustellen. Überdies könnten Unternehmen, die Zugaben verlangen, als Anstifter betrachtet und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Für die Erreichung dieses Ziels hat der Gesetzgeber eine - zur Vermeidung von Anwendungsschwierigkeiten generell zulässige - typisierende Betrachtungsweise gewählt; es kommt also nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich ein Marktmachtmissbrauch der Marktgegenseite vorliegt. Die Aufklärung der tatsächlichen Marktverhältnisse könnte großen Schwierigkeiten begegnen. Damit versagt aber auch das Argument der Beklagten, in diesem Fall fehle den angesprochenen Unternehmen (Handelsvertreter für die Produkte der Beklagten) Marktmacht. Im Hinblick auf die typisierende Betrachtungsweise des Gesetzgebers sind die tatsächlichen Marktverhältnisse im Einzelfall nicht zu prüfen.
Da die Rechtfertigung des Zugabengebots gegenüber Unternehmern - zumindest vorwiegend - nicht in der Verhinderung von Preisverschleierungen oder unsachlicher Beeinflussung der Kaufentscheidung liegt, ändert die Einschränkung des Zugabenverbots gegenüber Verbrauchern (auf konkrete Irreführungseignung und aggressive Praktiken) nichts an der sachlichen Rechtfertigung der Regelung gegenüber Unternehmern.