03.01.2012 Verfahrensrecht

OGH: Wiederaufnahme nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO – Beginn der vierwöchigen Notfrist iZm Bestellung eines Verfahrenshelfers

Der Annahme, dass es für den Beginn der vierwöchigen Notfrist zur Erhebung einer Wiederaufnahmsklage nicht (nur) auf die Kenntnis des Wiederaufnahmsklägers von neuen Tatsachen und Beweismitteln, sondern überdies auch auf jene seines Verfahrenshelfers anzukommen hätte, steht der klare Wortlaut des § 534 Abs 2 Z 4 ZPO iVm § 530 Abs 1 Z 7 ZPO entgegen, der dafür auf die Kenntnis der Partei abstellt


Schlagworte: Wiederaufnahmsklage, neue Tatsachen / Beweismittel, Notfrist, Bestellung eines Verfahrenshelfers
Gesetze:

§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO, § 534 ZPO, § 73 ZPO

GZ 9 Ob 57/11i, 25.10.2011

 

OGH: Gem § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

 

Gem § 534 Abs 2 Z 4 ZPO ist im Falle des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO die vierwöchige Notfrist zur Erhebung einer Wiederaufnahmsklage von dem Tag an zu berechnen, an welchem die Partei imstande war, die rechtskräftige Entscheidung zu benützen oder die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen.

 

Gem § 73 Abs 2 ZPO beginnt die Frist - auch zur Erhebung einer Wiederaufnahmsklage - „frühestens mit der Zustellung des Bescheides, mit dem der Rechtsanwalt bestellt wird“.

 

Der Annahme, dass es für den Beginn der vierwöchigen Notfrist zur Erhebung einer Wiederaufnahmsklage nicht (nur) auf die Kenntnis des Wiederaufnahmsklägers von neuen Tatsachen und Beweismitteln, sondern überdies auch auf jene seines Verfahrenshelfers anzukommen hätte, steht der klare Wortlaut des § 534 Abs 2 Z 4 ZPO iVm § 530 Abs 1 Z 7 ZPO entgegen, der dafür auf die Kenntnis der Partei abstellt. Entgegen der Ansicht des Wiederaufnahmsklägers entsteht dadurch keine Kollision mit § 73 Abs 2 ZPO. Denn § 73 Abs 2 ZPO bezweckt lediglich, den Lauf einer Notfrist zur beabsichtigten Prozesshandlung nicht schon vor der Bestellung des Verfahrenshelfers in Gang zu setzen. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck dieser Bestimmung ist aber zu entnehmen, dass damit auch die zur Erhebung einer Wiederaufnahmsklage inhaltlich erforderliche Voraussetzung der Kenntnis neuer Tatsachen und Beweismittel der Partei iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geändert werden soll und nunmehr auf die Kenntnis des Verfahrenshelfers abzustellen wäre.

 

Warum eine Kontaktaufnahme zwischen dem Wiederaufnahmskläger und dem Verfahrenshelfer - bei ausgewiesener Anschrift des Wiederaufnahmsklägers im Akt und Kenntnis des Wiederaufnahmsklägers von Name und Anschrift des Verfahrenshelfers - nicht fristgerecht möglich war, kann dahingestellt bleiben.