OGH: Arglist – Anfechtung nach § 870 ABGB
Arglist nach bürgerlichem Recht setzt keine Schädigungsabsicht, wohl aber die Absicht oder zumindest das Bewusstsein der Täuschung des Vertragspartners voraus
§ 870 ABGB
GZ 1 Ob 85/11y [1], 29.09.2011
OGH: List iSd § 870 ABGB ist rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung (zivilrechtlicher Betrug). Der Vertragschließende wird durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen in Irrtum geführt oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen in seinem Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluss bestimmt. Täuschung durch Verschweigen erfordert zudem, dass eine Aufklärungspflicht verletzt wurde, was nach den Anschauungen des redlichen Verkehrs zu beurteilen ist. Arglist nach bürgerlichem Recht setzt keine Schädigungsabsicht, wohl aber die Absicht oder zumindest das Bewusstsein der Täuschung des Vertragspartners voraus. „List“ bedeutet soviel wie Betrug, wenn auch nicht im strafrechtlichen Sinn und kann auch in einer Verschweigung liegen, wenn dadurch eine Aufklärungspflicht verletzt wird. Eine weitere Voraussetzung für die Anfechtung nach § 870 ABGB liegt im Erfordernis, dass das Verhalten des Täuschenden und damit der Irrtum für den Vertragsabschluss kausal war, ein Umstand, der vom Anfechtenden behauptet und bewiesen werden muss.