31.08.2011 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, findet eine Auswechslung oder eine Überschreitung der Sache des Berufungsverfahrens nicht statt

Nichts anderes gilt in dem Fall, in dem die belangte Behörde dem Beschuldigten als nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch genommen hat, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war


Schlagworte: Spruch, Tat, Berufungsbehörde, besondere Fälle der Verantwortlichkeit, Vertreter, juristische Person, Auswechslung / Überschreitung der Sache des Berufungsverfahrens
Gesetze:

§ 44a VStG, § 9 VStG, § 24 VStG, § 66 AVG

GZ 2009/04/0152, 22.06.2011

 

Der Bf bringt vor, in erster Instanz sei ihm vorgeworfen worden, die Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher "der Gemeindeversorgungsanlage" der Marktgemeinde begangen zu haben. Eine Gemeindeversorgungsanlage der Marktgemeinde existiere aber weder als juristische Person noch als eingetragene Personengesellschaft, weshalb der Tatvorwurf jedenfalls gem § 44a Z 1 VStG nicht ausreichend konkretisiert sei. Eine nach der Rsp des VwGH zulässige Auswechslung der juristischen Person liege ebenso nicht vor, da dem Bf angelastet worden sei, die Tat als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher einer nicht existenten juristischen Person begangen zu haben, welche auch keinerlei Pflichten nach dem Gesetz träfen.

 

VwGH: Wie der VwGH schon wiederholt ausgesprochen hat, findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Nichts anderes gilt in dem Fall, in dem die belangte Behörde dem Beschuldigten als nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch genommen hat, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war.

 

Dass im Beschwerdefall durch die Erstbehörde die verantwortliche juristische Person fehlerhaft mit "Gemeindeversorgungsanlage" der Marktgemeinde bezeichnet worden ist, ändert vor dem Hintergrund der oben angeführten Rsp nichts daran, dass die belangte Behörde berechtigt war, nunmehr zutreffend die Marktgemeinde als juristische Person, für deren Einhaltung der Verwaltungsvorschriften der Bf im Beschwerdefall als Bürgermeister verantwortlich war, zu ersetzen, zumal der Tatvorwurf in erster Instanz ausreichend konkret war, den Bf in die Lage zu versetzen, sich gegen diesen Tatvorwurf zu verteidigen und ihn vor der Gefahr einer Doppelbestrafung zu schützen.