06.07.2011 Sozialrecht

VwGH: Notlage gem § 2 NotstandshilfeV – Anrechung des Einkommens des Ehepartners iZm behaupteten getrennten Haushalten

Die Behörde ist berechtigt, vom Bestehen eines gemeinsamen Haushalts der Ehegatten dann weiterhin auszugehen, wenn sie die gegenteiligen Behauptungen der Partei unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse für unglaubwürdig erachtet und die von der Behörde dazu in der Begründung des Bescheides angestellten Überlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten


Schlagworte: Arbeitslosenversicherungsrecht, Notstandshilfe, Notlage, Anrechung des Einkommens des Ehepartners, behauptete getrennte Haushalte, Beweiswürdigung
Gesetze:

§ 33 AlVG, § 36 AlVG, § 2 NotstandshilfeV, § 6 NotstandshilfeV

GZ 2008/08/0236, 25.05.2011

 

VwGH: Eine Anrechnung des Einkommens der Ehefrau des Arbeitslosen setzt gem § 2 Abs 2 NotstandshilfeV voraus, dass der Arbeitslose im relevanten Zeitraum mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebt oder ein solcher gemeinsamer Haushalt zwar nicht besteht, der Arbeitslose aber die Hausgemeinschaft mit seiner Ehefrau nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung ihres Einkommens auf die ihm gebührende Notstandshilfe zu entgehen. Besteht kein gemeinsamer Haushalt, wären jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltsansprüche des Bf gegen seine Ehefrau als Einkommen des Bf anzurechnen.

 

Der im Gesetz angeordneten Berücksichtigung des Einkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners liegt offenbar die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn-) Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil beiträgt.

 

Gem § 90 ABGB sind die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft sowie (ua) auch zum gemeinsamen Wohnen verpflichtet. Von diesem (typischen) Bild einer aufrechten Ehe darf die Behörde im Verwaltungsverfahren nach dem AlVG grundsätzlich ausgehen, solange nicht die Parteien eine davon abweichende Lebensführung behaupten und die erforderlichen Beweismittel benennen oder beibringen. Anders würde nämlich bei Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich, wie jener nach der gemeinsamen oder getrennten Haushaltsführung von Eheleuten, die Behörde gar nicht in der Lage sein, von sich aus eine zweckentsprechende Ermittlungstätigkeit zu entfalten. Die Behörde ist daher berechtigt, vom Bestehen eines gemeinsamen Haushalts dann weiterhin auszugehen, wenn sie die gegenteiligen Behauptungen der Partei unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse für unglaubwürdig erachtet und die von der Behörde dazu in der Begründung des Bescheides angestellten Überlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten.

 

Es wäre somit am Bf gelegen, im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs im Verfahren vor der belangten Behörde weitere Beweisanträge zu stellen, um seine Behauptung, es liege kein gemeinsamer Haushalt vor, zu belegen. Die belangte Behörde traf keine Pflicht, den Bf zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten. Dass der Bf im Verfahren vor der belangten Behörde Beweisanträge gestellt hätte, die unerledigt geblieben sind, wird vom Bf nicht behauptet und geht auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht hervor. Der Bf erstattete im Verwaltungsverfahren auch kein Vorbringen, das geeignet gewesen wäre, die bisher eingeholten Beweise hinsichtlich ihrer Aussagekraft zu hinterfragen. Dass die belangte Behörde nicht amtswegig die Ehefrau des Bf als Zeugin einvernommen und auch keinen Ortsaugenschein im Wohnhaus des Bf durchgeführt hat, begründet hinsichtlich der Mitwirkungspflicht des Arbeitslosen bei Fragen aus seinem persönlichen Lebensbereich - im Hinblick auf die der belangten Behörde bereits vorliegenden und dem Bf vorgehaltenen Ermittlungsergebnisse - keinen Verfahrensfehler.

 

Die im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen haben gezeigt, dass sich der Bf mehrmals selbst widersprochen hat, wenn es um das Jahr ging, seit dem er von seiner Ehefrau getrennt lebe. Aus dem von einem Organ des AMS verfassten Erhebungsbericht vom 27. September 2007 geht hervor, dass mehrere befragte Personen nicht bestätigen konnten, dass die Ehefrau des Bf tatsächlich an der angegebenen Adresse in der E-Straße gewohnt habe, hingegen konnte bestätigt werden, dass an der Adresse des Bf - P-Weg 6 - ein Ehepaar mit seinen Kindern wohnhaft war. Unbestritten bestand während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums eine aufrechte Meldung der Ehefrau des Bf als Nebenwohnsitz an der Adresse des Bf und wurde auch ihre gesamte Post an diese Adresse zugestellt. Unterlagen oder andere Nachweise, die auf eine wirtschaftlich oder räumlich getrennte Haushaltsführung des Bf und seiner Ehefrau an der Adresse P-Weg 6 hinweisen würden, wurden vom Bf im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt. Angesichts dieser Beweislage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie vom Bestehen eines gemeinsamen Haushalts des Bf und seiner Ehefrau ausgegangen ist.

 

Die Anrechnung des Einkommens der Ehefrau des Bf auf dessen Notstandshilfeanspruch gem § 2 Abs 2 NotstandshilfeV erfolgte daher zu Recht.