04.08.2014 Zivilrecht

OGH: Zum gutgläubigen Verbrauch von Unterhaltsleistungen

Im Fall der Zahlung einer Nichtschuld unter Vorbehalt der Rückforderung ist der Empfänger nicht gutgläubig iSd § 1437 ABGB


Schlagworte: Bereicherungsrecht, Familienrecht, Leistungskondiktion, Oppositionsverfahren, Unterhalt, gutgläubiger Verbrauch, Rückforderung
Gesetze:

§ 94 ABGB, § 35 EO, § 1437 ABGB

GZ 1 Ob 48/14m, 24.04.2014

 

OGH: Ohne Rechtsgrundlage gezahlter Unterhalt kann nur dann mangels echter Bereicherung nicht zurückgefordert werden, wenn er gutgläubig verbraucht wurde. Soweit es auf die Unredlichkeit der Beklagten beim Verbrauch ankommt, hat diese der kondizierende Kläger zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Die Redlichkeit bezieht sich auf die Existenz des Kondiktionsanspruchs, wobei jedoch bereits Fahrlässigkeit schadet und daher Zweifel an der Rechtmäßigkeit die Redlichkeit ausschließen. Die Redlichkeit des Empfängers fehlt nicht erst bei auffallender Sorglosigkeit oder gar Vorsatz, sondern schon dann, wenn der Empfänger der Leistung zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, wohl aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ihm rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge auch nur zweifeln hätte müssen.

 

Im Falle einer erfolgreichen Oppositionsklage ist die Rückforderung der während des Oppositionsprozesses auch ohne neuerliche Exekutionsführung geleisteten weiteren Unterhaltszahlungen ebenso möglich wie die Rückforderung der Leistungen im Fall der Zahlung einer Nichtschuld unter Vorbehalt der Rückforderung. Die Unredlichkeit beginnt in Fällen der Bekämpfung von Unterhaltstiteln (zumindest) mit der Klagszustellung bzw mit der Antragszustellung im Verfahren außer Streitsachen. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Oppositionsklage an den Beklagten muss dieser jedenfalls erhebliche Zweifel an der Berechtigung seines Unterhaltsanspruchs haben. Die Schlechtgläubigkeit ist daher jedenfalls für die danach geleisteten Unterhaltsbeträge gegeben.

Hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch durch übertriebene, in Schädigungsabsicht erhobene Vorwürfe verwirkt und hat der Unterhaltspflichtige bereits anlässlich der Zahlungen auf den Überweisungsbelegen auf seinen Rückforderungsanspruch und den fehlenden guten Glauben hingewiesen, so liegt ein Fall der Zahlung einer Nichtschuld unter Vorbehalt der Rückforderung vor. ISd § 1437 ABGB muss der Empfänger damit rechnen, dass die Zahlungen allenfalls zurückgefordert werden und er ist bei dieser Sachlage keineswegs gutgläubig. Dass ihm zwei Rechtsanwälte die Auskunft gaben, er könne den Unterhalt verbrauchen, ändert an dieser Beurteilung nichts, haben diese doch die Frage des Einflusses der unrichtig erhobenen Vorwürfe auf den Unterhaltsanspruch und -verbrauch nicht erörtert; von der Schädigungsabsicht wusste aber nur der Unterhaltsberechtigte.